Erneut Massenproteste gegen Orbán
21. April 2018Zehntausende Menschen haben im Zentrum von Budapest gegen die rechtsnationale Regierung von Viktor Orbán demonstriert. Die Menge skandierte "Wir sind die Mehrheit!" und "Demokratie!". Organisatoren sprachen von mehr als 100.000 Teilnehmern. Die Redner riefen dazu auf, immer wieder auf die Straße zu gehen, wenn Orbáns Regierung mit repressiven Gesetzen und Maßnahmen gegen die Zivilgesellschaft, unabhängige Medien oder kritische Mitbürger vorgeht. Auch Oppositionsparteien quer durch das politische Spektrum nahmen an den Protesten teil.
Einer der Organisatoren, Viktor Gyetvai, sagte der Nachrichtenagentur AFP, die Proteste würden "das System nicht über Nacht ändern", aber zielten darauf ab, eine "Bürgerbewegung" in Gang zu setzen, um Orbán herauszufordern. "Dies hier sind die ersten Schritte und ein Zeichen dafür, dass es viele Ungarn gibt, die in einer Demokratie mit unabhängigen Institutionen und freien Medien leben wollen", so der 20-Jährige.
Repressive Schritte nach der Wiederwahl
Es war die zweite Massenkundgebung in Folge, nachdem Orbáns Fidesz-Partei bei den Wahlen vor zwei Wochen eine verfassungsändernde Zweidrittelmehrheit im Parlament gewonnen hatte. Auch am Samstag vor einer Woche hatten Zehntausende in Budapest für die Demokratie demonstriert. Als eine der ersten Maßnahmen der neuen Volksvertretung hatte Orbán Gesetze angekündigt, die die Arbeit von unabhängigen Zivilorganisationen unmöglich machen sollen.
Am Donnerstag war bekanntgeworden, dass die Open-Society-Stiftung des US-Milliardärs George Soros ihr Büro in Budapest möglicherweise schließen wird. Die Stiftung unterstützt Zivilorganisationen, die sich für Demokratie und Menschenrechte einsetzen, sowie wissenschaftliche Forschungen. Orbán hatte Soros im Wahlkampf zum angeblichen Staatsfeind aufgebaut und ihn beschuldigt, eine muslimische Masseneinwanderung nach Europa zu steuern. Beweise für diese Behauptung legte er keine vor. Eine regierungsnahe Zeitung veröffentlichte kürzlich eine Liste, in der rund 200 Angestellte von Nichtregierungsorganisationen, Universitäten und Journalisten als Teil des "Soros-Netzwerks" gebrandmarkt wurden.
ust/rb (dpa, afp, ap, rtr)