HIV geheilt
29. Juni 2007"Die infizierte Zelle wird geheilt", sagte Professor Joachim Hauber vom Hamburger Heinrich Pette-Institut für Experimentelle Virologie und Immunologie. "Wir wurden das Virus in den Zellen wieder los, das hat bisher noch keiner geschafft. Das ist ein biotechnologischer Durchbruch." Die Arbeit, an der auch das Max-Planck-Institut für Molekulare Zellbiologie und Genetik in Dresden beteiligt ist, macht vorsichtige Hoffnungen auf eine Aids-Therapie, die nicht nur auf Eindämmung der Viren-Vermehrung setzt, sondern auf eine Heilung der Immunschwäche.
Nach vier Jahren Forschung sei es gelungen, ein spezielles Enzym zu entwickeln, um das Erbgut eines HI-Virus aus der DNA der Zelle zu trennen und unbrauchbar zu machen, teilten die Forscher am Donnerstag (28.6.07) mit.
Rekombinasen als DNA-Scheren
Bisher galt eine Infektion mit HIV als unumkehrbar. Das HI-Virus schmuggelt sein Erbgut in die DNA von körpereigenen Zellen. Nach diesem Bauplan produzieren Immunzellen dann den Erreger und sorgen so für ihren eigenen Untergang. Den Forschern gelang es nun, das HIV-Erbmaterial wieder aus dem menschlichen Erbgut herauszuschneiden. Dazu sei mit der Gentechnik eine spezielle Rekombinase hergestellt worden, ein Enzym, das wie eine molekulare Schere arbeite.
Obwohl bisher nur in menschlichen Zellkulturen getestet worden sei, schaffe der neue Ansatz die technische Grundlage, um das Virus später einmal aus Patienten zu entfernen, die mit HIV infiziert sind, sagte Hauber. "Bis dahin ist es aber noch ein weiter Weg." Zunächst müsse das Enzym verbessert und geprüft werden, wie effektiv es sich infizierte Zellen des menschlichen Körpers einbringen lasse, betonten die Forscher. Haubers Angaben zufolge besteht jetzt die vorsichtige Hoffnung, innerhalb von zehn Jahren eine Therapie für Menschen zu entwickeln.
Umweg über Stammzellen
Als nächster Schritt stehen dreijährige Tierversuche mit Mäusen auf dem Programm. Anschließend müssten umfangreiche Patientenstudien in Hamburg begonnen werden. Sollte die Methode zu einer Therapie entwickelt werden können, wäre eine - wenngleich aufwendige - Behandlung möglich. Nach Haubers Angaben müssten aus dem Blut der Patienten Stammzellen gewonnen und im Labor von den Viren befreit werden. Die so behandelten Zellen könnten nach der Rückübertragung auf den Patienten für eine Regeneration seines Immunsystems sorgen.
Obwohl auf diese Weise wahrscheinlich nicht alle HI-Viren aus dem Körper entfernt werden könnten, erwartet Hauber einen so starken Rückgang der Virenzahl, so dass die Infektion unter Kontrolle bleibt. "Das ist High-Tech-Medizin, die kann man nicht in Pillenform verabreichen." Sollten sich bei Mutationen des HI-Virus' auch dessen Endsequenzen verändern, könnten auch die Rekombinasen schnell angepasst werden, ergänzte Buchholz. Man verfüge dann über eine ganze Reihe verschiedener Enzyme, die schnell neu kombiniert oder weiterentwickelt werden können.
Im Vergleich zu den Kosten der bisher üblichen hochaktiven anti-retroviralen Therapie, die leicht 15.000 Euro im Jahr betragen können, wäre eine solche heilende Behandlung deutlich preiswerter.
Ein Erfolg sei nicht garantiert, aber: "Ich bin von Grund auf Optimist", sagt Hauber. (kas)