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"Es war eine Wiederkehr der Freude"

Die Fragen stellte Emilia Rojas-Sasse2. November 2004

Der uruguayische Schriftsteller und Journalist Eduardo Galeano, ist einer der prominentesten Verfechter für soziale Gerechtigkeit in Lateinamerika. Im DW-WORLD-Interview bewertet er den Wahlsieg der Linken in dem Land.

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Eduardo Galeano (Archivbild)Bild: dpa

DW-WORLD: Was bedeutet der Triumph von Tabaré Vázques für Uruguay und für Lateinamerika?

Eduardo Galeano: Hier ist zweierlei passiert: Zum einen hat ein breites und facettenreiches Linksbündnis die Parlamentswahlen gewonnen. Das ist in der Geschichte und Politik Uruguays einzigartig. Da diese Konstellation für Uruguay eine enthusiastischere Teilnahme am Mercosur eröffnet, ist es auch für die Region wichtig.

Darüber hinaus gab es zum anderen eine Volkabstimmung, die ebenfalls gewonnen wurde. Die Menschen stimmten darüber ab, ob die Wasserversorgung weiterhin vom Staat betrieben oder zukünftig privatisiert werden soll. Sie haben entschieden, dass die Wasserversorgung als öffentliche Dienstleistung fortbestehen soll. Dies ist weltweit das erste Mal, dass über ein solches Anliegen öffentlich abgestimmt wurde. Mir scheint das wichtig und zukunftsweisend für die Möglichkeiten und die Weiterentwicklung einer Demokratie, in der die Bürger entscheiden und nicht die Weltbank.

Findet in Lateinamerika ein Politikwechsel statt, wie die Beispiele in Chile und Brasilien zeigen?

Das politische Panorama Lateinamerikas erneuert sich in der Tat und zwar interessanterweise hin zu einer Wiedererstarkung der Demokratie. Obwohl die Militärdiktaturen fielen und wieder demokratische Systeme etabliert wurden, hat die Demokratie die Hoffnungen, die in sie gesetzt wurden, enttäuscht. Sie ist soziale Fragen nicht angegangen. Das hatte zur Folge, dass die jüngere Generation die Demokratie nicht anerkannt hat und sich letztlich auch nicht mit ihr identifizieren konnte. Vielmehr herrschte prinzipielles Misstrauen vor, dass die alten Seilschaften sich nur ein neues demokratisches Gewand zugelegt haben könnten. In den letzten Jahren haben bedeutende Veränderungen stattgefunden, die alle darauf hindeuten, dass die Demokratie wieder an Glaubwürdigkeit gewinnt. Ich halte es für sehr wichtig, dass die jüngere Generation nun wieder Vertrauen in die demokratische Kultur gewinnt und - im Gegensatz zur alten Phrasendrescherei - daraus neue Motivation schöpft.

Die Führer des Linksbündnisses "Frente Amplio" haben eine pragmatische Regierung angekündigt. Kann dieser Ansatz die Erwartungen erfüllen, die in den Wandel gesetzt werden?

Das ist eine Frage des Rhythmus. So wie die "Frente Amplio" seit ihrer Gründung 1971 langsam aber kontinuierlich gewachsen ist, so handelt es sich auch hierbei um einen Prozess, der langsam wachsen muss. Ich glaube, dass dieser Ansatz kein Feind der Hoffnung ist - unter der Bedingung, dass wir am Ende nicht Realismus mit Verrat an sozialen Zielen verwechseln. Ich habe die Hoffnung, dass diese Bewegung die Menschen am Ende nicht enttäuschen wird.

Was ist Ihre persönliche Bilanz des Wahlausgangs?

Es war eine Wiederkehr der Freude. Freude ist ein kostbares Gut, dass man beschützen muss, damit sie uns nicht abhanden kommt. Insbesondere in einem Land wie unserem, das lange Zeit an die Traurigkeit gefesselt schien. Für mich bedeutet dieser Wahlsieg den Anbruch einer neuen Zeit, in der das Recht auf Freude wieder zum Leben erweckt wurde.

Eduardo Galeano gehört zu den bekanntesten politischen Publizisten Lateinamerikas. Seine Werke "Die offenen Adern Lateinamerikas" und die historische Trilogie "Erinnerungen an das Feuer" wurden auf der ganzen Welt bekannt. Bis 1976 gab Galeano verschiedene linke Zeitungen in Uruguay heraus. Unter der Militärdiktatur ging er ins spanische Exil. Seit dem Ende der Diktatur 1985 lebt er wieder in seiner Heimat.