ESM-Chef Regling: Der Meister der Milliarden
8. Oktober 2012
Große Auftritte von Klaus Regling hat es in der Vergangenheit nicht gegeben, auch in seiner neuen Rolle wird sich das wohl nicht ändern. Ganz anders als sein Pendant bei der Europäischen Zentralbank, Mario Draghi, ist der 62-jährige Lübecker nicht bekannt für öffentliche Auftritte und markige Sprüche. Er gilt als nüchterner, sachlicher und strukturiert denkender Arbeiter. Sein Grundsatz: "Wundermittel gibt es nicht."
Fast vierzig Jahre Berufserfahrung bringt Regling mit ins Amt. Begonnen hat seine Karriere Mitte der Siebzigerjahre beim Internationalen Währungsfonds (IWF), wo er unter anderem an der Schuldenumstrukturierung Marokkos und Indonesiens mitwirkte. Beim Bundesfinanzministerium war er später maßgeblich an den Vorbereitungen für die Gemeinschaftswährung beteiligt, war also von Beginn an beim Euro dabei. 2001 wechselte er zur EU-Kommission nach Brüssel.
Überzeugter Verfechter des Euros
Sich selbst bezeichnet er als überzeugten Anhänger des europäischen Wirtschaftssystems. Trotz der übermächtig scheinenden Krise Griechenlands glaubt er an die getroffenen Maßnahmen: "Man liest ja häufig, dass die Strategie zur Eurorettung nicht funktioniere. Das stimmt so nicht", sagt er. "In Irland funktioniert sie sehr gut. Auch in Portugal läuft das Anpassungsprogramm gut."
Seit 2010 ist Regling Vorsitzender des vorläufigen Rettungsschirms EFSF, der verschuldete Eurostaaten mit Notkrediten versorgt. Am Montag (08.10.2012) soll mit der offiziellen Gründung des dauerhaften Europäischen Stabilitätsmechanismus (ESM) bei einer Zusammenkunft der Euro-Gruppen-Finanzminister der nächste Schritt folgen. Nachdem das Bundesverfassungsgericht im September grünes Licht gegeben hat, kann der Fonds künftig direkte Hilfen an Banken zahlen und Staatsanleihen kriselnder Eurostaaten aufkaufen. Mit dem neuen Posten wird Regling auch für Bundeskanzlerin Angela Merkel im Kampf gegen die Schuldenkrise immer wichtiger.
Beamter mit Prinzipien
Doch dass Merkel dabei mit Gefälligkeiten ihres Landsmannes rechnen kann, ist unwahrscheinlich. Regling ist ein Beamter mit Prinzipien, der nicht vor Staats- und Regierungschefs kuscht, auch nicht vor den eigenen. Das stellte er in seiner Zeit bei der Kommission in Brüssel unter Beweis. Dort leitete er 2003 als Generaldirektor des damaligen Finanzkommissars Pedro Solbes das Defizitverfahren gegen Deutschland ein und brachte so die rot-grüne Bundesregierung um Kanzler Gerhard Schröder gegen sich auf.
Neben dem "Haifischbecken" Politik kennt sich Regling auch in der Welt der Anleger aus. Von 1999 bis 2001 arbeitete er in London für die Moore Capital Strategy Group, einen der weltweit größten Hedgefonds. Nach seiner Zeit bei der Kommission gründete er 2008 eine eigene Wirtschafts- und Finanzberatung. Dann kam das Angebot zur Leitung des EFSF.
Auch wenn er in seiner Zeit beim IWF und der EU-Kommission einige Schwierigkeiten habe meistern müssen, so sei dieses Amt eine besondere Herausforderung gewesen, sagt Regling: "Wenn ich das über die zwei Jahre betrachte, ist das sicherlich die bisher schwierigste Aufgabe. Wir haben jetzt eine Krise im Euroraum, die schon länger dauert als die zwei Jahre, die der EFSF existiert." Auch in seinem neuen Amt, an der Spitze des ESM, dürfte Regling so schnell nicht zur Ruhe kommen.