Estland weist russische Diplomaten aus
26. Mai 2017Bei den Beschuldigten handele es sich um den russischen Generalkonsul in der östlichen Stadt Narva, Dmitri Kasennow, und den Konsul Andrej Surgajew, der ebenfalls in Narva seinen Amtssitz hat. Das bestätigte die Sprecherin des Außenministeriums in Tallinn, Sandra Kamilova, der Nachrichtenagentur Baltic News Service. In Narva sind rund 90 Prozent der 60.000 Einwohner ethnische Russen. Aus Moskau gab es zunächst keine Reaktion auf die neuen Spionagevorwürfe und den Rauswurf der Diplomaten.
Wie im Kalten Krieg
Der kleine Baltenstaat und das große Russland bezichtigen sich gegenseitig immer wieder der Spionage. In den vergangenen Jahren wurden in beiden Ländern mehrere Angeklagte wegen Spionage für den jeweils anderen Staat verurteilt. Zuletzt verurteilte in diesem Mai ein Gericht in Tallinn einen in Estland lebenden Russen wegen Spionage für den russischen Militärgeheimdienst zu fünf Jahren Gefängnis.
Anfang April hatte ein russisches Gericht einen russischstämmigen Mann wegen Spionage für Estland zu elf Jahren Lagerhaft verurteilt. Der Beschuldigte hatte nach russischen Angaben zugegeben, geheime Informationen über die im Westen Russlands stationierten Militäreinheiten an das estnische Innenministerium weitergegeben zu haben.
Die bislang befremdlichste Situation gab es im September 2015. Russland und Estland tauschten auf einer Brücke am Grenzfluss Piusa wie zu Zeiten des Kalten Krieges Spione aus. Russland ließ den estnischen Offizier Eston Kohver frei, der zu 15 Jahren Haft verurteilt worden war. Estland übergab im Gegenzug den früheren estnischen Sicherheitsbeamten Alexej Dressen, der wegen Spionage für Russland eine 16-jährige Haftstrafe absaß.
Baltenstaaten um ihre Sicherheit besorgt
Das Verhältnis zwischen Estland und Russland ist ohnehin angespannt. Der Baltenstaat hatte sich 1991 von der Sowjetunion losgelöst, 2004 trat er der Europäischen Union und der NATO bei.
Als Folge der Annexion der ukrainischen Halbinsel Krim durch Moskau im Jahr 2014 und dem russischen Vorgehen in der Ostukraine sind die drei baltischen Staaten, Estland, Lettland und Litauen sowie Polen um ihre Sicherheit besorgt. Um diese zu gewährleisten, sind derzeit vier NATO-Bataillone mit insgesamt 4000 Soldaten an der Ostflanke des Bündnisses stationiert. Russland kritisiert die NATO-Aktivitäten an seinen Grenzen und sieht dies als Bedrohung seiner Sicherheit.
qu/pg (dpa, afp, APE)