Etappensieg für Apple im Streit mit dem FBI
1. März 2016Der Beschluss des Richters James Orenstein aus Brooklyn könnte weitreichende bundespolitische Folgen haben. Denn falls der Streit um die Entschlüsselung von Smartphones vor dem Obersten Gericht der Vereinigten Staaten landen sollte, wird dieses kaum umhin können, die Analyse des Richters zu berücksichtigen.
Worum geht es? Orenstein hat entschieden, dass die US-Regierung mit einem Gesetz aus dem 18. Jahrhundert keine angemessene rechtliche Grundlage angeführt habe, um das Entsperren eines beschlagnahmten iPhones eines mutmaßlichen Drogenhändlers zu fordern. In dem Fall hatten die US-Antidrogenbehörde (DEA) und die Bundespolizei FBI die Justiz eingeschaltet, um die Entsperrung zu erzwingen. Sie stützen sich auf den All Writs Act, ein Gesetz aus dem Jahr 1789.
Für Aufsehen sorgte zuletzt ein ähnliches Verfahren in Kalifornien, in dem die Richterin den Technologie-Konzern verpflichtete, dem FBI beim Entsperren eines iPhones zu helfen, das ein Attentäter genutzt hatte. Auch dort bezieht sich die Regierung auf das Uraltgesetz. Es gibt Bundesrichtern grundsätzlich die Befugnis, alle nötigen Maßnahmen anzuordnen, die für ihre Rechtsprechung notwendig oder angemessen sind.
Herbe Abfuhr in New York
Richter Orenstein befand jedoch in seinem 50 Seiten langen Beschluss, das Gesetz sei in diesem Fall nicht anwendbar. Zum einen habe der US-Kongress bereits über eine Gesetzgebung für entsprechende Fälle beraten, diese aber nicht angenommen. Zum anderen wäre es ein "Verrat an dem Vermächtnis der Verfassung", so zu tun, als hätten die Gründerväter der Vereinigten Staaten eine solche Debatte über Datenschutz und Sicherheit geführt.
Die New Yorker Entscheidung hat zwar keinen direkten Einfluss auf das Verfahren in Kalifornien - sie deckt sich jedoch zumindest teilweise mit der Argumentation, mit der Apple notfalls bis zum Obersten Gericht der USA ziehen will. Unklar ist, warum das FBI in dem New Yorker Fall überhaupt Apple zum Entsperren zwingen wollte. Zum einen hat sich der Tatverdächtige in dem Fall bereits für schuldig erklärt. Zum anderen handelt es sich bei dem iPhone um ein Modell mit dem veralteten Betriebssystem iOS 7, das auch ohne Hilfe von Apple geknackt werden könnte. In diesem Zusammenhang berichtet die französische Zeitung, das FBI wolle einen Präzedenzfall schaffen, "da seine Agenten schon in mindestens zehn anderen Fällen an gesperrten Handys gescheitert sind".
FBI verfolgt Terrorspur
In Kalifornien wurde Apple per Gerichtsbeschluss angewiesen, dem FBI beim Entsperren eines iPhones 5C zu helfen, das von dem Attentäter von San Bernardino genutzt worden war. Er und seine Frau hatten in der kalifornischen Stadt 14 Menschen getötet. Das Paar, das die Terrororganisation "Islamischer Staat" (IS) unterstützt haben soll, wurde bei einem Feuergefecht mit der Polizei erschossen.
Die US-Behörden fordern, dass Apple per Software-Eingriff die Funktion aushebelt, die den Inhalt eines Telefons löscht, wenn zehn Mal ein falsches Passwort eingegeben wird. Dann könnten sie unendlich viele Passwörter ausprobieren, bis sie das richtige erwischen.
Einspruch des Apfelkonzerns
Apple weigert sich, die Anordnung des kalifornischen Gerichts zu befolgen. Der Technologie-Riese argumentiert, dass ein solcher Zwang beispiellos sei und im ersten Zusatzartikel der amerikanischen Verfassung verbriefte Rechte verletze. Apple beruft sich dabei mit Blick auf die Entwicklung seiner Rechner-Codes auf die Redefreiheit, die in den USA besonderes Gewicht hat und auch für Firmen gilt.
Der kalifornische Konzern warnt zudem, dafür müsse erstmals eine Software geschrieben werden, mit der man die Zugangssperre aushebeln könne - und die Folgen dieses Schritts seien zu gefährlich. Die geforderte Entsperrung gefährde die Privatsphäre seiner Kunden. Eine Anwendung des All Writs Act als rechtliche Grundlage könnte zum Präzedenzfall für alle Arten von Überwachungsmaßnahmen werden. Apple erhielt inzwischen Unterstützung von Unternehmen wie Twitter, Facebook und Google.
Zuletzt signalisierte Apple Gesprächsbereitschaft: Die Entscheidung, ob der US-Konzern das Smartphone eines Attentäters für das FBI knacken müsse, "sollte von Ihnen als Volksvertreter getroffen werden, und nicht von einer Anordnung, die sich auf ein 220 Jahre altes Statut gründet", heißt es in einer Notiz von Chefjurist Bruce Sewell für eine Anhörung im Kongress. Dort will er an diesem Dienstag die Position des Unternehmens erläutern.
kle/rb (dpa, afp, rtr)