EU: Finanzhilfen für Ukraine gehen weiter
29. April 2023Die Europäische Union wird die Ukraine in ihrem Abwehrkampf gegen den russischen Angreifer weiterhin finanziell unterstützen. Das sicherte die derzeitige Präsidentin des Ministerrates, die schwedische Finanzministerin Elisabeth Svantesson, in Stockholm zu. Die Ukraine sei ja auch EU-Beitrittskandidat.
Svantesson hatte den ukrainischen Finanzminister Serhiy Marchenko eingeladen, mit den 27 Finanzministerinnen und -ministern der Union seinen Bedarf zu besprechen. Beschlüsse mit konkreten Zahlen gab es nicht, aber Marchenko konnte klarmachen, dass die Ukraine im kommenden Jahr nicht weniger Budgethilfen brauchen werde als im laufenden Jahr.
Für 2023 hatte die EU 18 Milliarden Euro mobilisiert. Sie werden an Kiew ausgezahlt, damit der Staat auch unter Kriegsbedingungen die Gehälter beispielsweise für Beamte, Lehrer, Ärzte oder Feuerwehr zahlen kann.
Lindner: So weitermachen wie bisher
Finanzminister Marchenko sagte, dass mittlerweile die Hälfte des Staatshaushalts für das Militär ausgegeben werde. Die direkten militärischen Ausgaben würden aus der Wirtschaftsleistung der Ukraine und Einnahmen des Staates erbracht. Dafür ist die Budgethilfe der EU nicht vorgesehen. Waffen werden durch ein separates Programm der EU und vor allem bilateral durch die einzelnen Mitgliedsstaaten und internationale Partner wie die USA finanziert.
Die Budgethilfe, über die die Finanzminister der EU in Stockholm beraten haben, wird gemeinschaftlich durch Garantien und Kreditzusagen der Mitgliedsstaaten aufgebracht. Bundesfinanzminister Christian Lindner sagte der DW, dieses System solle beibehalten werden. "Wir haben ja bereits eine Finanzhilfe auf den Weg gebracht, die stemmen wir als 27 Mitgliedsstaaten gemeinsam. Das ist ein systematischer Ansatz, die Ukraine zu unterstützen. Genau den sollten wir fortsetzen", so Lindner.
IWF-Direktor: 115 Milliarden US-Dollar mobilisiert
Die Verhandlungen für das Haushaltjahr 2024 laufen. Für konkrete Zahlen sei es aber noch zu früh, meinte EU-Kommissar Valdis Dombrovskis in Brüssel. Man wisse ja nicht, wie sich der Krieg entwickeln werde. Es gebe viele Unwägbarkeiten. Die Europäische Union und andere Institutionen und der Internationale Währungsfonds (IWF) hatten sich Ende März auf ein Hilfspaket geeinigt, zu dem auch die laufenden Budgethilfen der Europäer gehören.
"Die Mittelgeber haben ein Paket von insgesamt 115 Milliarden Dollar für die nächsten vier Jahre zusammengebracht", erklärte der Europadirektor des IWF, Alfred Kammer, der DW in Stockholm. "Das hilft der Ukraine, die makroökonomische Stabilität und die Haushaltsabwicklung in den nächsten vier Jahren zu sichern. Es sind auch schon einige Mittel für den Wiederaufbau vorgesehen. Das ist schon ein erster Pfeiler, aber für den mittelfristigen Wiederaufbau wird viel mehr notwendig sein."
Wiederaufbau ist die große Aufgabe
Der Wiederaufbau solle - je nach Kriegsverlauf - so schnell wie möglich beginnen, sicherte EU-Kommissar Valdis Dombrovskis zu. Bereits jetzt steht eine Milliarde Euro aus EU-Mitteln zur Verfügung, um kurzfristig Schäden an der Infrastruktur in der Ukraine zu reparieren. Der ukrainische Finanzminister Serhiy Marchenko erläuterte, die Gegenoffensive gegen die russischen Angreifer werde vorbereitet und beginnen, wenn die Ukraine so weit sei. "Wir sprechen über den Wiederaufbau und der sollte jetzt anfangen, nicht erst, wenn der Krieg endet. Wir müssen auch über die eingefrorenen russischen Guthaben und deren Verwendung sprechen sowie über neue Sanktionen gegen Russland."
Alfred Kammer, der Europadirektor des Internationalen Währungsfonds, meint, dass das derzeitige Hilfsprogramm des IWF nur ein Anfang sei. "Es ist klar, dass zusätzliche Mittel gebraucht werden, substanzielle Mittel, um die Ukraine wieder aufzubauen. Ich betone, dass nicht nur die öffentliche Hand, sondern auch die private Wirtschaft eine Rolle spielen muss", so Kammer zur DW. Dazu müsse die Ukraine weitere Reformen in der Regierungsführung und in anderen Bereichen umsetzen, um private Investitionen anzuziehen.
Wird Russland mithaften?
Schätzungen gehen mittlerweile von 411 Milliarden US-Dollar an Wiederaufbaukosten aus. Aber die Zahlen stiegen natürlich, je mehr Schaden der Aggressor Russland anrichte, so EU-Kommissar Valdis Dombrovskis. Am Ende werde Russland für den Schaden zahlen müssen, den es verursache, sagte die schwedische Finanzministerin Elisabeth Svantesson. Die durch Sanktionen eingefrorenen Auslandsguthaben der russischen Zentralbank belaufen sich nach Angaben der EU-Kommission auf rund 300 Milliarden Euro. Wo sich dieses Vermögen konkret befindet, konnte die Kommission nach Anfragen von EU-Parlamentariern bislang nicht mitteilen. Die Ukraine fordert, dieses Vermögen zu beschlagnahmen und damit den Ausgleich von Kriegsschäden zu bezahlen.