EU-Pflichtquote für Flüchtlinge gescheitert
24. Juni 2015Der Widerstand kommt vor allem von Großbritannien, Irland, Dänemark und einer Reihe von Ländern Osteuropas und er wird dem Vernehmen nach Erfolg haben: Für die Verteilung von Flüchtlingen in Europa wird es keine verbindlichen Quoten geben. Der am Donnerstag beginnende EU-Gipfel hält zwar daran fest, 40.000 Migranten aus Italien und Griechenland auf andere Mitgliedstaaten aufzuteilen, gibt aber keine Pflicht zur Teilnahme vor, wie aus dem Entwurf für das Treffen hervorgeht. Gleichzeitig wollen die Staats- und Regierungschefs schnellere Abschiebungen illegaler Einwanderer fordern.
Deutschland und Frankreich befürworteten grundsätzlich eine Quote, hatten aber Nachbesserungen bei den Berechnungen angemahnt. Dieses Konzept ist jetzt vom Tisch. "Die Vorstellung, dass Brüssel Quoten auferlegen könnte, funktioniert nicht", sagte ein hochrangiger EU-Diplomat. "Es hat niemals eine Mehrheit hinter verbindlichen Quoten gegeben". Der EU-Gipfel werde eine Umverteilung deshalb nur auf freiwilliger Basis fordern. Das heiße aber nicht, dass die Mitgliedstaaten nicht in der Verantwortung stünden.
Solidarität schon wieder verpufft?
Die EU-Kommission hatte die Verteilung über verbindliche Quoten angesichts der jüngsten Flüchtlingsdramen im Mittelmeer vorgeschlagen. In Italien und Griechenland kamen in diesem Jahr schon mehr als 100.000 Menschen an. Für 40.000 Migranten solle eine neue Lösung über zwei Jahre gefunden werden, bevorzugt für Flüchtlinge, bei denen es "eine klare Notwendigkeit vorübergehenden Schutzes" gebe, heißt es nun im Resolutionsentwurf für den EU-Gipfel, aus dem die Nachrichtenagentur AFP zitiert. Sogenannte "Wirtschaftsflüchtlinge" sind damit von der Verteilung ausgeschlossen.
Hervorgehoben wird auch, dass es sich um einen "vorübergehenden und außerordentlichen" Schritt handele. Wie verteilt wird, soll bis Ende Juli beschlossen werden. Die Kommission will dennoch weiter für eine Quote kämpfen: "Wir halten an unserem Vorschlag fest", sagte die stellvertretende EU-Kommissionspräsidentin Kristalina Georgieva.
Die EU-Staats- und Regierungschefs wollen sich nach dem Entwurf auch zu dem Grundsatz bekennen, dass "sich alle Mitgliedstaaten an der Umsiedlung von 20.000 Vertriebenen beteiligen, bei denen es eine klare Notwendigkeit internationalen Schutzes gibt". Dies war gleichfalls von der EU-Kommission vorgeschlagen worden und würde anerkannte Flüchtlinge in Lagern etwa rund um Syrien betreffen.
Beschleunigte Abschiebungen
Ein weiterer Teil der Gipfel-Schlussfolgerungen verlangt schnellere Abschiebungen illegaler Einwanderer und Anreize für Transit- und Herkunftsländer, Flüchtlinge wieder aufzunehmen. Dabei setzt die EU auch auf das Instrument der Entwicklungszusammenarbeit. Nach einem "Mehr für mehr"-Prinzip sollen die Länder etwa in Afrika belohnt werden, die mit der EU dabei zusammenarbeiten.
Flüchtlingsgruppen, Hilfs- und Menschenrechtsorganisationen werfen der EU vor, Europa abzuschotten und zur Festung gegen Flucht auszubauen. Die Bundesvorsitzende der Grünen, Simone Peters, beklagte, Einigkeit gebe es in puncto Flüchtlinge "nur bei der Abschottung und plumpem Aktionismus wie dem Versenken von Schlepperbooten".
Brennpunkte Syrien und Irak
Hilfsorganisationen appellierten auch zum Auftakt der deutschen Innenministerkonferenz in Mainz an die Verantwortlichen, mehr Flüchtlinge aus Kriegs- und Krisengebieten aufzunehmen. Insbesondere die Aufnahmeprogramme für Menschen aus Syrien müssten fortgesetzt und auf den Irak ausgeweitet werden, forderte zum Beispiel Pro Asyl.
Bundesinnenminister Thomas de Maizière kündigte indes eine deutliche Beschleunigung von Asylverfahren an. Vor allem für Flüchtlinge aus sehr unsicheren Herkunftsländern wie Syrien und aus sicheren wie etwa dem Kosovo solle möglichst schnell entschieden werden, sagte der CDU-Politiker der "Rheinischen Post".
SC/qu (afp, kna, epd, dpa)