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EU schlägt härtere Gangart ein

Klaus Dahmann (Sevilla)22. Juni 2002

Die EU hat eine härtere Gangart bei der Einwanderungspolitik eingeschlagen. Die Staats- und Regierungschefs vereinbarten zum Abschluss des Gipfels in Sevilla mehrere Maßnahmen, um die illegale Einwanderung zu bekämpfen.

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Spaniens Regierungschef AznarBild: AP
EU Gipfel in Sevilla
Der Tagungsort in SevillaBild: AP

Es war erklärtes Ziel der spanischen Regierung, während ihrer sechsmonatigen Ratspräsidentschaft gemeinsame Schritte der EU gegen illegale Einwanderung auf den Weg zu bringen. Denn gerade im Süden Spaniens ist dies seit Jahren ein drängendes Problem: Von der nordafrikanischen Küste legen Nacht für Nacht Dutzende kleiner Boote mit Einwanderungswilligen ab. Ziel: Europa. Doch nur wenige kommen auch tatsächlich dort an: Viele Boote werden von der spanischen Küstenwache abgefangen und zurückgeschickt, zahlreiche kentern. Niemand weiß, wie viele Menschen bereits bei dem Versuch, über die schmale Straße von Gibraltar nach Spanien zu gelangen, ertrunken sind.

Engere Zusammenarbeit geplant

Illegale Einwanderung sehen auch andere EU-Staaten als immer größeres Problem, beispielsweise Italien, Großbritannien und auch Deutschland. Und so waren sich die europäischen Staats- und Regierungschefs in Sevilla schnell einig, dass sie beim Thema illegale Einwanderung künftig enger zusammenarbeiten wollen: Die Außengrenzen der EU sollen besser geschützt und organisierten Schleuser-Banden das Handwerk gelegt werden. Beamte in den einzelnen Mitgliedstaaten, die sich mit Einwanderung beschäftigen, sollen künftig mehr Informationen austauschen; geplant ist auch eine Visa-Datenbank. Auf längere Sicht soll eine gemeinsame europäische Grenzpolizei die Außengrenzen der Union schützen.

Keine Sanktionen beschlossen

Gerhard Schröder mit Brille
Bundeskanzler Gerhard SchröderBild: AP

Bundeskanzler Gerhard Schröder sagte, man habe für das komplizierte Problem der illegalen Einwanderung eine "ausgewogene Lösung" gefunden, die deutlich mache, dass "wir Einwanderung begrenzen und steuern wollen, aber dass es auch allen bewusst ist, dass es immer um menschliche Schicksale geht und nicht einfach nur um sachliche Dinge. Es geht um einen entschiedenen Kampf gegen das Schlepper-Unwesen."

Zudem will die EU mit anderen Staaten enger zusammen arbeiten, um den Menschenhandel zu bekämpfen und illegale Einwanderer wieder in ihre Heimatländer zurückschicken zu können. Strittig war allerdings die Frage, was passieren solle, wenn ein Nicht-EU-Staat zu einer solchen Zusammenarbeit nicht bereit ist. Spanien hatte vorgeschlagen, in diesem Falle Sanktionen zu verhängen, bis hin zu einer Kürzung der Entwicklungshilfe. Großbritannien, Italien und auch Deutschland hatten diesen Vorschlag unterstützt, doch andere EU-Staaten, allen voran Frankreich und Schweden, waren entschieden dagegen.

Die EU darf Maßnahmen ergreifen

Juan Carlos spricht auf EU Gipfel in Sevilla
Der spanische König Juan Carlos spricht zu den GipfelteilnehmernBild: AP

Letztlich einigten sich die Staats- und Regierungschefs auf eine allgemeine Formulierung, die jedoch Einschnitte bei der Entwicklungshilfe ausdrücklich ausschließt. Spaniens Regierungschef José María Aznar erklärte: "In besonderen Fällen, wenn wir zu dem Ergebnis kommen, dass diese Länder nicht mehr effektiv mit uns zusammenarbeiten, behält sich die EU das Recht vor, in verschiedenen Bereichen Maßnahmen zu ergreifen."

Was unter derartigen "Maßnahmen" zu verstehen ist, soll im Einzelfall entschieden werden. Bundeskanzler Schröder sagte, das könne auch heißen, dass man kooperationswillige Staaten bevorzuge, indem man die Zusammenarbeit mit bestimmten Staaten, die vertragstreu seien, intensiviere und bei anderen zurücknehme. "Ich denke, das ist der politischen Praxis überlassen", so Schröder.

Thema Agrar-Subventionen noch offen

Ohne Ergebnis verliefen die Gespräche über eine Reform der Agrarsubventionen. Bundeskanzler Schröder betonte, dass das System der Direkthilfen für Bauern, wie es jetzt existiert, nach der Osterweiterung nicht mehr bezahlbar sei. Die Zusatz-Kosten, die dann allein auf Deutschland zukommen könnten, schätzt Schröder auf zwei Milliarden Euro. Deshalb müssten auch die EU-Staaten, die von den Brüsseler Landwirtschaftssubventionen derzeit profitierten, bereit sein, künftig weniger Geld zu bekommen, um die Osterweiterung nicht zu gefährden.

Bis zum EU-Gipfel in Kopenhagen im Dezember soll das Thema Agrar-Subventionen endgültig geklärt sein, damit die Union tatsächlich fit ist für die Osterweiterung.