"Extremismus"-Verdacht: Russland verhaftet zwei Journalisten
28. April 2024Russland geht weiter gegen kritische Journalisten vor: An diesem Wochenende sind Konstantin Gabow und Sergej Karelin verhaftet worden. Den beiden russischen Journalisten werde "Extremismus" vorgeworfen, teilte der Pressedienst der Moskauer Gerichte mit.
Die Anschuldigungen stünden im Zusammenhang mit Videos, die auf einem Youtube-Kanal des verstorbenen Oppositionsführers Alexej Nawalny veröffentlicht wurden.
Arbeit für prominenten Kreml-Kritiker?
Russlands prominentester Regierungskritiker Nawalny starb am 16. Februar 2024 in der Strafkolonie Charp nördlich des Polarkreises. Sein YouTube-Kanal "Nawalny LIVE" wird jedoch weiterhin von Helfern und Mitarbeitern von Nawalnys Nichtregierungsorganisation "Anti-Korruptionsstiftung" (FBK) betrieben.
Die FBK wird von den russischen Behörden als "extremistische" Gruppe eingestuft. Das bedeutet, dass seine Mitarbeiter und Unterstützer strafrechtlich verfolgt werden können. Karelin und Gabow bestreiten jedoch, an Videoproduktionen der FBK beteiligt gewesen zu sein.
Wer sind Gabow und Karelin?
Medienberichten zufolge waren beide Journalisten für mehrere Medienunternehmen tätig. Gabow habe unter anderem für die russischen Fernsehsender Moskva 24 und MIR sowie für Nachrichtenagenturen gearbeitet, darunter Belsat aus Belarus und die britische Reuters. Karelin, der neben der russischen auch die israelische Staatsbürgerschaft besitzt, arbeitete demnach unter anderem für die US-Nachrichtenagentur Associated Press.
Bevor die Deutsche Welle in Russland verboten wurde, arbeiteten beide Journalisten auch für die DW - Gabow als Korrespondent, Karelin als Kameramann. Anfang Februar 2022 entzogen die russischen Behörden dem öffentlich-rechtlichen deutschen Nachrichtensender die Sendelizenz, blockierten die Internetseiten und entzogen den DW-Korrespondenten die Arbeitserlaubnis.
Was wissen wir über die Anschuldigungen gegen Karelin und Gabow?
Doch um diese Tätigkeiten scheint es bei den Festnahmen nicht zu gehen. Gerichtsbeamte erklärten, beide seien wegen ihrer Beteiligung "an der Vorbereitung von Foto- und Videomaterial" für den YouTube-Kanal "Nawalny LIVE" angeklagt.
Bevor der Prozess beginnt, sollen sie mindestens zwei Monate lang, bis zum 27. Juni, in Untersuchungshaft gehalten werden. Im Falle einer Verurteilung drohen ihnen Gefängnisstrafen zwischen zwei und sechs Jahren.
Russland greift hart gegen Journalisten durch
Die Fälle von Karelin und Gabow reihen sich ein in eine Verhaftungsserie, mit der russische Behörden - seit Beginn des russischen Angriffs auf die Ukraine Ende Februar 2022 - gegen regierungskritische Journalisten vorgehen.
Der russische Journalist Sergei Mingazov, Mitarbeiter der russischen Ausgabe des US-Wirtschaftsmagazins "Forbes", wurde am 26. April verhaftet und beschuldigt, "falsche Informationen" über das mutmaßliche Massaker der russischen Armee in Butscha verbreitet zu haben.
Im März wurde die Fotografin Antonina Favorskaja verhaftet, nachdem sie für den unabhängigen russischen Nachrichtensender SOTAvision über die Prozesse gegen Nawalny berichtet hatte. Die Organisation wird von den russischen Behörden als "ausländischer Agent" eingestuft. Auch gegen sie lautet der Vorwurf "Extremismus", weil sie mit Nawalnys Organisation zusammengearbeitet habe. Sowohl Favorskaja als auch Nawalnys Stiftung FBK bestritten dies. Favorskaja wird mindestens mit Ende Mai in Untersuchungshaft bleiben.
Seit mehr als sechs Monaten sitzt die Alsu Kurmasheva im Gefängnis. Die US-russische Journalistin arbeitete für den tatarischen Dienst von Radio Free Europe/Radio Liberty. Die Anschuldigung: Sie habe sich entgegen geltender Auflagen nicht als "ausländischer Agent" registrieren lassen.
Der Reporter des "Wall Street Journal" Evan Gershkovich sitzt seit mehr als einem Jahr wegen angeblichen Spionageverdachts in einem russischen Gefängnis. Sowohl Gershkovich als auch das Wall Street Journal und die US-Regierung haben diese Vorwürfe zurückgewiesen.
jdw/MM (ap, afp, interfax, lusa)