Facebook: Bilanz gut, Kritik hält an
25. April 2019Facebook löst mit seinen aktuellen Quartalszahlen gute Stimmung bei Analysten und Händlern aus. "Die Zahlen fallen sehr gut aus", sagt Frank Geilfuß, Chefsvolkswirt beim Bankhaus Löbbecke, im Gespräch mit der DW. Vor allen Dingen die Steigerung der Zahl monatlich aktiver Facebook-Nutzer habe ihn überrascht.
Innerhalb der vergangenen drei Monate ist die Zahl der Facebooknutzer um rund 60 Millionen auf rund 2,38 Milliarden gestiegen. Über alle Facebook-Angebote hinweg waren 2,7 Milliarden Nutzer aktiv, davon 2,1 Milliarden täglich. Zum Konzern gehören neben dem Social-Media-Netzwerk auch der Chatdienst WhatsApp und die Foto- und Video-Plattform Instagram.
Kurssprung trotz Datenskandalen
Genau wegen dieser breiten Aufstellung ist Aktienspezialist Geilfuß überzeugt: "Facebook ist ein Unternehmen mit hohem Zukunftspotential." So werde etwa Instagram derzeit von 70 Prozent der 15- bis 35-Jährigen in den USA genutzt.
Gleichzeitig rechnet das Online-Netzwerk selbst damit, dass die jüngsten Datenschutz-Skandale bis zu fünf Milliarden Dollar kosten werden. Im Zusammenhang mit entsprechenden Ermittlungen der US-Handelsbehörde FTC legte Facebook im vergangenen Quartal bereits drei Milliarden Dollar für mögliche Strafzahlungen beiseite. Kein großes Problem für Facebook - der Konzern hat Geldreserven von mehr als 45 Milliarden Dollar. Sicher ein Grund, warum sich die Anleger nach der Ankündigung, wie Aktienspezialist Geilfuß, entspannt zeigten: Die Aktie legte im nachbörslichen Handel um mehr als sieben Prozent zu.
"Steigbügelhalter des Populismus"
Markus Beckedahl, Netzaktivist und Journalist aus Berlin, sieht bei dem Thema Facebook nicht nur nackte Umsatzzahlen. Die Online-Plattform werde seiner Verantwortung nicht gerecht, sagte er der DW. "Seit der Gründung von Facebook habe ich viele Skandale erlebt - aber es geht einfach weiter, ohne dass sich etwas ändert."
Beckedahl macht auf gesellschaftliche Schäden aufmerksam: Viele technische Facebook-Lösungen seien daraufhin optimiert, Aufmerksamkeit zu generieren und Reize zu senden. "Das führt dazu, dass polemische und wütende Texte bevorzugt weitergeleitet werden. Deshalb sehe ich Facebook auch als Steigbügelhalter des aktuellen Populismus in der Welt."
Die Zuwächse bei den täglich 2,1 Milliarden aktiven Nutzern kamen vor allem aus Asien und Afrika. Für Beckedahl ist es ein großes Problem, dass der Marktzugang dort nicht einheitlich geregelt ist. So ist Facebook meist bevorzugter Partner vieler Provider in den asiatischen und afrikanischen Ländern. Deswegen fordert Beckedahl als erstes die Gleichbehandlung mit anderen Internetdiensten, um nicht die ohnehin bestehende Monopolstellung zu unterstützen.
Bedrohlicher Mangel an Factcheckern
In vielen Ländern, sagt Beckedahl, nähmen die Menschen das Internet größten Teils nur noch als Facebook wahr. In Nigeria, sagt Beckedahl, nutze ein Drittel bis zu einem Viertel der Gesamtbevölkerung das Soziale Netzwerk. "Zwischen Facebook und Internet machen Nigerianer kaum einen Unterschied." Und Facebook habe in ganz Nigeria lediglich vier Factchecker und Content-Moderatoren beschäftigt. In bestimmten Regionen gab es aufgrund von Falschmeldungen und Hass-Posts Ausschreitungen mit Toten. "Facebook fühlte sich nicht verantwortlich", sagt er.
Auch in Indien hätten Falschmeldungen gewalttätige Ausschreitungen verursacht, sagt Beckedahl. Und der Online-Konzern investiere bislang so gut wie gar nicht in den unterschiedlichen Ländern, sagt der Aktivist: "Nationale Facebook-Teams müssten Dialekte verstehen, um Falschmeldungen verifizieren zu können."
Immerhin: Facebook steigerte die Zahl der Mitarbeiter seit Jahresbeginn von knapp 35.600 auf fast 37.800. Auch, so heißt es in einer offiziellen Mitteilung, erweitere Facebook ständig die Teams, die unerlaubte oder kriminelle Inhalte löschen.