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Fast 1000 Tote in der Feuerpause

20. November 2014

Diese Waffenruhe gilt nur auf dem Papier: Trotz Feuerpause werden in der Ukraine Menschen verschleppt, gefoltert und getötet. Die Vereinten Nationen ziehen eine traurige Zwischenbilanz.

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Bewaffnete Separatisten auf einem Pick-Up (Foto: AFP)
Bild: Menahem Kahana/AFP/Getty Images

Beinahe 1000 Menschen wurden in der Ostukraine getötet, seit Anfang September offiziell ein Waffenstillstand vereinbart wurde. Ab diesem Zeitpunkt seien 957 Todesopfer registriert worden, teilte der UN-Hochkommissar für Menschrenrechte, Seid Ra'ad al-Hussein, in Genf mit. Das sind im Schnitt 13 Tote pro Tag. Die Zahl der Flüchtlinge sei in den vergangenen beiden Monaten von rund 275.000 auf knapp 467.000 gestiegen.

Ein Konvoi von Beobachtern der Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (OSZE), die den formellen Waffenstillstand überwacht, ist derweil von Unbekannten beschossen worden. Die OSZE-Mitarbeiter blieben nach eigenen Angaben unverletzt. Der Konvoi habe das Gebiet westlich der Rebellenhochburg Donezk daraufhin sofort verlassen. Die OSZE gab an, es sei das erste Mal seit Beginn der Mission gewesen, dass gezielt auf Beobachter geschossen worden sei.

Fast 10.000 Verletzte

Die Vereinten Nationen haben die anhaltende Gewalt in der Ostukraine scharf verurteilt. Insgesamt fielen den Kämpfen, die Mitte April begannen, mehr als 4.300 Menschen zum Opfer. Darin sind auch die 298 Toten eingerechnet, die beim Abschuss eines Passagierflugzeugs im Juli getötet wurden. Knapp 10.000 Menschen wurden verletzt. Die Zahl der Vermissten geht in die Tausende.

In den beiden selbsternannten Volksrepubliken der pro-russischen Rebellen in der Ostukraine sei der Rechtsstaat zusammengebrochen, heißt es in dem Report, den UN-Ermittler vor Ort erstellten. Laut Zeugenaussagen trügen die bewaffneten Gruppen die Verantwortung für schwerste Verbrechen: Hinrichtungen, Folter, sexuelle Gewalt, willkürliche Verhaftungen, Zwangsarbeit. In dem Konflikt werde mit großen Mengen an modernen Waffen gekämpft. Es gebe Hinweise auf den Einsatz der international geächteten Streubomben.

Separatisten in Donezk (Foto: dpa)
"Zusammenbruch des Rechtsstaats": Separatisten in DonezkBild: picture-alliance/epa/A. Ermochenko

Russland warnt die USA

Während der UN-Bericht der Auffassung des Westens folgt, wonach Russland die Separatisten militärisch unterstütze, hat Russland seinerseits die USA gewarnt, Waffen an die Ukraine zu liefern. Die Vereinigten Staaten würden damit internationale Abkommen verletzen und die Region weiter destabilisieren, sagte Außenamtssprecher Alexander Lukaschewitsch in Moskau.

Bisher versorgen die USA die Ukraine lediglich mit Ausrüstungsgütern, die keine tödliche Wirkung haben. Ein hochrangiger US-Beamter hatte allerdings einen Kurswechsel angeregt. Waffenlieferungen an die ukrainischen Regierungstruppen könnten möglicherweise abschreckend auf Russland wirken, sagte Anthony Blinken, der für den Posten des Außenstaatssekretärs nominiert ist, bei einer Kongressanhörung.

NATO-Abfangjäger jagen russische Kampfjets

Die NATO wirft Russland vor, den Konflikt in der Ostukraine durch militärische Unterstützung beiderseits der Grenze weiter anzuheizen. Bereits mehr als 400-mal sind in diesem Jahr NATO-Kampfjets aufgestiegen, um russische Militärmaschinen im internationalen europäischen Luftraum an den Grenzen des Bündnisses zu begleiten.

Im Vergleich zu 2013 habe sich die Zahl der sogenannten Alarmstarts um 50 Prozent erhöht, sagte NATO-Generalsekretär Jens Stoltenberg im estländischen Ämari. Die russischen Flüge stellten überdies ein Risiko für den zivilen Luftverkehr dar. Flugsicherheitsexperten weisen jedoch darauf hin, dass die russischen Manöver in der Regel nicht gegen internationale Regeln verstießen.

Kein "Recht des Stärkeren"

Bundeskanzlerin Merkel am "Tag der Versöhnung" im polnischen Kreisau (Foto: Reuters)
"Kein Recht des Stärkeren": Bundeskanzlerin Merkel am "Tag der Versöhnung" im polnischen KreisauBild: Reuters/K. Pempel

Bundeskanzlerin Angela Merkel hat wenige Tage nach ihrer harschen Kreml-Kritik die Hand wieder in Richtung Moskau ausgestreckt. Deutschland sei bewusst, dass die Sicherheit in Europa mittel- und langfristig nur "mit Russland" sichergestellt werden könne, sagte Merkel bei Feierlichkeiten zur deutsch-polnischen Versöhnung in Kreisau (Krzyzowa).

Der Dialog mit Russland bleibe notwendig, und die Sanktionen der Europäischen Union seien kein Selbstzweck, fügte die Kanzlerin hinzu. Ein "Recht des Stärkeren" sei aber nicht akzeptabel.

jj/cr (dpa, afp, rtr, epd)