1. Zum Inhalt springen
  2. Zur Hauptnavigation springen
  3. Zu weiteren Angeboten der DW springen

Feminismus für Porto Alegre

Monika Hoegen, zurzeit Porto Alegre28. Januar 2005

Während des Weltsozialforums treffen sich auch die Kämpferinnen für einen "Weltmarsch der Frauen". Die Linken seien sexistisch, lautet ihr Vorwurf.

https://p.dw.com/p/6Ahp
Auf den Tribünen fehlen Frauen!Bild: AP

Bäuerin Julieta steht in einem dicken Pullover vor dem Versammlungshaus der Landlosenbewegung in Viamao, etwa eine Autostunde von Porto Alegre entfernt. Einst war sie selbst eine Landlose, so erzählt die heute 60-Jährige. Vor über sechs Jahren teilte die Regierung ihr und ihrem Mann eine kleine Parzelle zu, auf der sie nun Bananen und Reis anbaut. Inzwischen gehe es ihr gut, sagt sie.

Dass es in der nahe gelegenen Stadt in diesen Tagen (26. bis 31.1.2005) ein großes Weltsozialforum gibt, auf dem sich die Aktivisten unter anderem für die Belange der Landlosen einsetzen, freut Julieta. Aber selber zum Forum hingehen, das wird sie nicht.

"Weltmarsch der Frauen"

Andere Aktivistinnen aus aller Welt haben oder nehmen sich dagegen die Zeit, im brasilianischen Porto Alegre auf die Situation der Frauen aufmerksam zu machen. Eine starke Bewegung ist der "Weltmarsch der Frauen", an dem auch Teresa Amal teilnimmt. Die Portugiesin ist Dozentin für Frauenrechte und Entwicklung und Expertin für feministische Friedensstudien. Nach ihrer Meinung ist eine andere Welt, so wie das Weltsozialforum sie fordert, nur möglich, wenn mehr Frauen machtvollen Einfluss gewinnen. "Ich glaube unsere historische Erfahrung zeigt, dass Frauen als eine unterdrückte Gruppe über so lange Zeit hinweg jetzt wirklich die Stärke und den Willen haben, unsere Gesellschaften zu ändern", sagt Amal.

Auch in Flüchtlingslagern und in Konfliktgebieten wie Ost-Timor, Ruanda oder Kongo seien Frauen die ersten, die sich um einen Dialog zwischen verfeindeten Parteien kümmerten. Darauf hat der "Weltmarsch der Frauen" nun eine "Charta der Frauen für die globale Menschlichkeit" aufgebaut. Frieden, soziale Gerechtigkeit und Solidarität werden darin als Hauptprinzipien genannt.

Immerhin ein Minimalkonsens

Die Charta wurde im März 2004 in Sao Paulo verabschiedet und reist nun durch verschiedene Länder bis nach Burkina Faso. Doch auch beim "Weltmarsch der Frauen" musste man die Erfahrung machen: die Anliegen der Geschlechtsgenossinnen aus völlig unterschiedlichen Ländern und Kulturen rund um den Globus unter einen Hut beziehungsweise in eine Charta zu bringen, war nicht leicht.

Teresa Amal: "Das Wichtigste an der Charta ist der Diskussionsprozess. Er war sehr demokratisch und sehr schwierig für uns. Denn natürlich geht es europäischen Frauen vor allem um Rechte für Lesbierinnen oder um die Abtreibungsgesetze. Afrikanerinnen dagegen setzen sich vor allem für Frieden und gegen Gewalt an Frauen ein. Amerikanerinnen und Asiatinnen kämpfen für ihre Position in der Wirtschaft. Aber was toll war, ist, dass dieser Dialog in einen Minimal-Konsens über die Grundprinzipien mündete."

Feministische Revolution

Weltsozialforum in Porto Alegre
Bild: dpa

In Porto Alegre nun veranstaltet die Frauenbewegung zahlreiche Workshops. Das kämpferische Motto: Gegen sexistische Globalisierung und für eine feministische Revolution. Das ist auch und gerade auf dem Weltsozialforum nötig, sagt Amal. "Schauen Sie sich doch mal die großen Führer der Bewegung an - alles Männer. Wenn die auf dem Podium sprechen, dann haben sie vielleicht noch eine Frau, die das Blumenbukett arrangiert." Innerhalb der Bewegung müsse für Gleichheit zwischen Mann und Frau gekämpft werden.

Ob aber der "Weltmarsch der Frauen" und andere feministische Bewegungen abseits aller Workshops und Happenings wirklich politischen Einfluss haben und konkrete Veränderungen bewirken können? "Niemand glaubt, dass wir die Frauenpolitik der Vereinten Nationen beeinflussen können. Unser Ziel ist es, die Menschen zu erreichen, einfache Menschen. Denn wir glauben, dass eine Revolution immer mit den Menschen beginnt", sagt Amal.