Frankreich wählt
22. April 2007In ungewöhnlich hoher Zahl haben sich die Franzosen am Sonntag an der Wahl des Nachfolgers von Präsident Jacques Chirac beteiligt. Von den rund 44,5 Millionen eingeschriebenen Wählern hatte bis zum Mittag bereits fast ein Drittel ihre Stimme abgegeben - eine derart hohe Wahlbeteiligung am Vormittag hat es seit 1981 nicht mehr gegeben.
Angesichts von Millionen noch unentschlossener Wähler und der sich widersprechenden Umfragen sieht Frankreich gespannt dem Ende des ersten Urnengangs entgegen. Der konservative Ex-Innenminister Nicolas Sarkozyund die Sozialistin Ségolène Royal sind die Favoriten. Doch auch der Zentrumspolitiker François Bayrou und der rechtsextreme Jean-Marie LePen rechnen sich Chancen aus. Die beiden Bestplatzierten der ersten Runde gehen am 6. Mai in die Stichwahl.
Generationenwechsel
In Übersee hat die Präsidentenwahl - erstmals für Frankreich - bereits am Samstag begonnen. Diese Neuregelung galt für 882.000 Wahlberechtigte in Übersee-Gebieten und -Départements wie Guadeloupe, Martinique und Französisch-Guayana. Früher wurde dort wegen der Zeitverschiebung noch eifrig gewählt, während der Sieger in Paris längst feierte. Eine nicht unumstrittene Neuerung am Wahlsonntag ist auch, dass eineinhalb Millionen Wähler in 82 Gemeinden mit mehr als 3500 Einwohnern ihre Stimme elektronisch abgeben können. Gegner der Wahlautomaten befürchten Betrug oder Irrtümer durch dieses System.
Die Wahl bringt einen Generationenwechsel, und erstmals hat eine Frau Chancen auf das Präsidentenamt. Sarkozy ist 52, Royal 53 und Bayrou 55 Jahre alt. Erstmals in der 5. Republik (seit 1958) steht kein Premierminister, Altpremier oder amtierender Präsident zur Wahl.
Umfragen ergeben widersprüchliches Bild
Nach einer letzten Umfrage haben Sarkozy und Royal die besten Chancen, in die Stichwahl zu kommen. Danach würde Royal am Sonntag 25,5 und Sarkozy 26,5 Prozent erhalten. Le Pen hat sich nach der Befragung des Instituts CSA-CISCO vor Bayrou an die dritte Stelle geschoben. Mit 16,5 Prozent erhielt Le Pen, der 2002 in die Stichwahl kam, sein bestes Ergebnis in einer Befragung seit November 2006.
Die Umfrage wurde am Freitag kurz vor Mitternacht bekannt und darf mit dem Ende des Wahlkampfes am Wochenende in Frankreich nicht mehr veröffentlicht werden. Für die Stichwahl sagt das Institut wie schon zuvor ein Kopf-an-Kopf-Rennen zwischen Sarkozy und Royal voraus. Allerdings ergaben die Umfragen der letzten Woche vor dem Wahltag ein oftmals widersprüchliches Bild von der Verteilung der Wählergunst.
Die ersten offiziellen Hochrechnungen werden am Sonntag um 20.00 Uhr veröffentlicht. Die 64.000 Wahllokale schließen weitgehend um 18.00 oder 19.00 Uhr, die letzten dann um 20.00 Uhr. Wer ihm bereits vorliegende Hochrechnungen vor 20.00 Uhr etwa im Internet veröffentlicht, riskiert empfindliche Geldstrafen - bis 75.000 Euro. Das vorläufige amtliche Endergebnis wird am Montag in den frühen Morgenstunden erwartet. (wga/sams)