Afrikas Spitzenpolitiker auf G7-Gipfel
8. Juni 2015Bundesentwicklungsminister Gerd Müller (CSU) fand am Montagmorgen deutliche Worte: Der Wohlstand der G7 beruhe auf den Ressourcen ganz besonders der Entwicklungsländer Afrikas, sagte der CSU-Politiker. "Wir, die 10 Prozent der Bevölkerung, besitzen 90 Prozent des Vermögens und verbrauchen nahezu 80 Prozent der Ressourcen. Öl, die Erze - kein Handy kann funktionieren ohne diese Länder." Daher müsse man zu einer neuen Partnerschaft kommen. "Wir müssen neu teilen lernen."
Müller sieht die G7-Staaten in "herausgehobener Verantwortung" gegenüber den afrikanischen Entwicklungsländern. Einige von ihnen werden turnusmäßig dazu gebeten, wenn sich die Staats- und Regierungschefs der großen westlichen Industrienationen treffen. Eingeladen werden Regierungschefs, die überwiegend demokratisch gewählt sind und für Stabilität und Wachstum stehen. Abgesehen von einer kurzen morgendlichen Sitzung der G7 ist ihnen der komplette zweite Tag des Gipfels gewidmet. Gearbeitet wird im sogenannten "Outreach"-Format, wie der erweiterte Dialog genannt wird.
Große Runde in Elmau
Um kurz nach zehn Uhr empfing Bundeskanzlerin Angela Merkel den nigerianischen Präsidenten Muhammadu Buhari, den äthiopischen Ministerpräsidenten Hailemariam Desalegn, die Präsidentin von Liberia, Ellen Johnson Sirleaf, den Präsidenten des Senegal, Macky Sall, sowie den irakischen Ministerpräsidenten Haidar al-Abadi und den tunesischen Präsidenten Béji Caïd Essebsi.
Dazu kamen die Chefs aller wichtigen internationalen Organisationen: UN-Generalsekretär Ban Ki Moon, die Chefin des Internationalen Währungsfonds (IWF), Christine Lagarde, Weltbank-Präsident Jim Yong Kim, der Generalsekretär der Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD), Angel Gurría, der Generaldirektor der Welthandelsorganisation (WTO), Roberto Azevêdo, der Generaldirektor der Internationalen Arbeitsorganisation (ILO), Guy Ryder, die Vorsitzende der Afrikanischen Union (AU), Nkosazana Dlamini-Zuma (Bild) und die Generalsekretärin der Weltgesundheitsorganisation (WHO), Margaret Chan.
Kampf gegen den Hunger
Ganz oben auf der Agenda steht die Bekämpfung der Armut in der Welt. 800 Millionen Menschen hungern, dazu kommen 1,2 Milliarden, die chronisch mangelernährt sind. Als Ergebnis der G7-Gespräche soll das gemeinsame Ziel gesteckt werden, die Zahl der Hungernden bis 2030 um 500 Millionen zu reduzieren. Konkrete Beschlüsse oder Maßnahmen sind damit aber nicht verbunden, es geht vielmehr um ein politisches Signal. Allein könnten die Industriestaaten das nicht schaffen, heißt es von Seiten der Bundesregierung. Es sei wichtig, den Prozess international zu befördern, gerade mit Blick auf die entwicklungspolitischen UN-Konferenzen im Juli in Addis Abeba und im September in New York.
Der Entwicklungsorganisation Oxfam reicht das nicht aus. Tobias Hauschild, der zum G7-Gipfel angereist ist, mahnt konkrete Finanzierungszusagen der Industrienationen an. "Von den G7 erfüllt im Moment nur Großbritannien das Ziel, 0,7 Prozent des Bruttonationaleinkommens für Entwicklung aufzubringen - die anderen schaffen das nicht." Oxfam erwarte von den Industrienationen, das Thema Entwicklungsfinanzierung klar in den Fokus zu nehmen.
Ebola und Tropenkrankheiten
Offiziell ist das in Elmau aber kein Thema. Stattdessen stehen in den "Outreach"-Sitzungen noch Gesundheit und Klimafinanzierung auf der Tagesordnung. Beim Thema Gesundheit wird über die Folgen des Ebola-Ausbruchs gesprochen. Hier gibt es eine Initiative der Bundeskanzlerin zusammen mit Ghana und Norwegen, die UN zu bitten, hier sogenannte "Lessons Learned" und Empfehlungen zu entwickeln. Das wollen die G7 unterstützen. Daneben soll es auch Rückenwind für weitere Initiativen von WHO, IWF und Weltbank, darunter eine "Pandemic Emergency Facility".
Punkt zwei im Bereich Gesundheit sind die zunehmenden Resistenzen gegen Antibiotika, Punkt drei beschäftigt sich mit bislang vernachlässigten tropischen Krankheiten. Dabei geht es um die bessere Koordinierung der Forschung innerhalb der Industriestaaten. Fortschritte können nur erzielt werden, wenn nicht jedes Land in eine andere Richtung forschen würde, sondern die Projekte gebündelt würden. Gemeinsam wären die Gelder auch besser nutzbar.
Geld und Klimawandel
Die G7 reden mit den Chefs der afrikanischen Staaten außerdem über die sogenannte Klimafinanzierung. Damit ist gemeint, wie sich die armen Staaten, die am meisten unter dem Klimawandel zu leiden haben, an diesen anpassen können. Die Industriestaaten haben 100 Milliarden US-Dollar zugesagt. Bundeskanzlerin Merkel musste aber kürzlich erst einräumen, dass der Topf noch ziemlich leer ist.
Jörn Kaminski von Oxfam Deutschland hofft auf Fortschritte in Elmau. "Wenn wir hier von den G7 das Bekenntnis oder die klare Aussage dazu bekommen würden, wie jedes einzelne Land in welchen Schritten und durch welche Maßnahmen dahin kommt, diese einhundert Milliarden aufzubringen, das wäre ein ganz starkes Signal an die UN-Klimakonferenz in Paris", so Kaminski.
Schutz vor Klimaschäden
Auf Fortschritte hofft der Oxfam-Aktivist auch beim Thema Klimaversicherungen, mit der sich Bauern in armen Ländern gegen Klimakatastrophen und Wetterereignisse absichern können. Oft sind es regionale Organisationen wie zum Beispiel die "African Risk Facility", die die Versicherungen aufnehmen und damit die Bevölkerung flächendeckend vor Naturereignissen schützen. Kommt es zu wetterbedingten Zerstörungen, fließt Geld an die Bauern und sie hören nicht auf zu produzieren.
Bislang haben nur 100 Millionen Menschen Zugang zu solchen Versicherungen, ihre Zahl soll auf 500 Millionen ausgeweitet werden. Auch wenn im Abschlusskommuniqué keine Aussagen darüber stehen sollten, wer das dann wie finanziere, sei allein das politische Bekenntnis dazu ein Fortschritt, sagt Jörn Kalinski von Oxfam.