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Ringen um Geschlossenheit

Christoph Hasselbach, Brüssel 4. Juni 2014

Beim Treffen der Staatschefs der sieben führenden Industrieländer fehlt Russlands Präsident Putin. Doch alles dreht sich um ihn. Eine einheitliche Linie zu finden, ist nicht leicht.

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Obama, Barroso und Van Rompuy halten die Hände Foto: Reuters
Bild: Reuters

Statt in einer eleganten Schlossanlage, einem idyllisch gelegenem Golfhotel oder -wie einst vorgesehen - im russischen Schwarzmeerkurort Sotschi treffen sich die Staats- und Regierungschefs nun im schmucklosen Brüsseler EU-Ratsgebäude. Drumherum sorgen Baustellen und Dauerregen zusätzlich für eher triste Atmosphäre. Nein, schön ist der Konferenzort wahrhaftig nicht. Doch immerhin hat die EU Gipfelroutine. Alle paar Wochen fahren hier die schwarzen Limousinen mit Staatsoberhäuptern vor, die gesamte Infrastruktur muss nicht extra aufgebaut werden. Es war daher naheliegend, dass die EU diesen Ausweichgipfel mit diesmal nur sieben Staatslenkern ausrichtet.

Russland soll deeskalieren

Die Übernahme der Krim durch Russland war der Anlass für den zeitweiligen Rausschmiss, den "politische Preis", den Russland zu zahlen hat, wie sich EU-Ratspräsident Herman Van Rompuy ausdrückte. Russland soll allerdings möglichst bald wieder dabei sein. Doch Van Rompuy und Kommissionspräsident José Manuel Barroso weichen der Frage eines Journalisten aus, ob Russland dafür die Krim wieder aufgeben müsste. Van Rompuy ruft stattdessen Russland lediglich auf, "mit dem gewählten und rechtmäßigen Präsidenten der Ukraine zusammenzuarbeiten und sich aktiv an Deeskalationsbemühungen zu beteiligen". Dazu solle Russland vor allem seine Truppen von der ukrainischen Grenze abziehen und mäßigend auf die Separatisten einwirken.

Vermummter Mann mit russischer Fahne Foto: Reuters
Putin soll mäßigend auf Separatisten in der Ost-Ukraine einwirken.Bild: Reuters

Sanktionsfragen sind Definitionsfragen

Barroso fügt hinzu, die EU müsse einen "glaubwürdigen Druck auf Russland aufrechterhalten". Gemeint sind die Sanktionen, die die EU noch verstärken will, falls Russland die Lage weiter eskalieren lässt. Doch es ist unklar, wie die G7 dies definiert. Ein russischer Einmarsch in der Ost-Ukraine wäre sicher ein solcher Fall. Unterhalb dieser Schwelle gehen die Meinungen in der G7 aber auseinander, ob dann umfangreiche Wirtschaftssanktionen wie ein Gas- oder Ölimportstopp verhängt werden sollen. Diese würden einige europäische Länder wie Deutschland selbst empfindlich treffen, kaum aber die USA und Kanada, weswegen US-Präsident Barack Obama auch gegenüber Russland schärfer auftreten kann.

Merkel setzt auf Gespräch

Bundeskanzlerin Angela Merkel lobte bei ihrer Ankunft, die G7 habe "sehr gut zusammengehalten in den vergangenen Wochen bei der Frage der Ukraine und Russlands". Sie will, dass es so bleibt. Denn eine Spaltung der Sieben würde nur Präsident Putin nützen. Merkel war auch die einzige, die sich dafür aussprach, "die Gespräche mit Russland fortzusetzen". Doch auch sie schloss weitere Strafmaßnahmen nicht aus. Andere sehen Merkels regelmäßige Telefonate mit dem ausgestoßenen Putin argwöhnisch. Noch ist unklar, ob sich bei den anstehenden Feiern zum D-Day vor 70 Jahren in der Normandie Obama und Putin zu zweit treffen werden. Begegnungen Putins jeweils mit Merkel, dem französischen Präsidenten Francois Hollande und dem britischen Premierminister David Cameron sind dagegen bereits eingeplant.

Straßensperren, Wasserwerfer im Regen Foto: picture-alliance/RIA Novosti
Gegenteil von Idylle: tristes Brüsseler EuropaviertelBild: picture-alliance/RIA Novosti

Die EU plant eine Ukraine-Geberkonferenz

Barroso stellte die Ukraine-Krise in einen größeren europäischen Zusammenhang. Polen gedenkt gerade der ersten demokratischen Wahlen vor 25 Jahren. Barroso sagte, die Wahl habe den demokratischen Übergang in allen mittel- und osteuropäischen Ländern beschleunigt. Die Vorgänge in der Ukraine hätten gezeigt, "dass dieser Übergang noch nicht vollendet ist und dass viele an unseren östlichen Grenzen immer noch darum kämpfen, als souveräne Länder frei wählen zu können". Der EU geht es dabei aber nicht nur um eine Bestrafung Russlands. Der andere Teil der "Doppelstrategie", so Barroso, sei dies: "Wir müssen die ukrainische Regierung wirtschaftlich und politisch unterstützen, so dass wir zur Stabilisierung und wirtschaftlichen Erholung des Landes beitragen." Dazu plane die EU im Juli eine Ukraine-Geberkonferenz, so Barroso. Was den weiteren Umgang mit Russland betrifft, so wird aller Augen nun auf die D-Day-Feiern am Freitag gerichtet sein: Wie tritt Putin dort auf, wer spricht mit ihm, wer gibt ihm die Hand? Jede kleinste Geste ein Symbol.