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Politik

Grüne im Trump-Schock

Nina Werkhäuser
11. November 2016

Als politischen Gau werten die Grünen den Wahlsieg Donald Trumps in den USA. Dementsprechend gedämpft war die Stimmung zu Beginn des dreitägigen Parteitags. Von Nina Werkhäuser, Münster.

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Deutschland Bundesparteitag der Grünen Hofreiter und Roth
Nicht glücklich: Bundestags-Vizepräsidentin Claudia Roth und Fraktionschef Anton HofreiterBild: picture-alliance/dpa/B. Thissen

Es war der designierte US-Präsident, der wie ein Schreckgespenst über den ersten Stunden des Grünen-Parteitags hing: Donald Trumps Wahlsieg sei eine Katastrophe, hieß es unisono, eine Zeitenwende. Seine Positionen seien eine Gefahr für jede offene, tolerante und liberale Gesellschaft - ein Grundpfeiler grüner Politik. Besonders abgestoßen hätten ihn die "zutiefst sexistischen und frauenfeindlichen" Äußerungen Trumps, erklärte Parteichef Cem Özdemir zu Beginn des dreitägigen Treffens in Münster in Nordrhein-Westfalen. Wird jetzt Folter in den USA hoffähig?, fragten andere Grüne. Wird Trump das Völkerrecht mit den Füßen treten oder das Rad beim Klimaschutz zurückdrehen?

Die Sorgen waren groß, die Stimmung in der außenpolitischen Debatte angespannt. "Diejenigen, die hoffen, es wird sicher nicht so schlimm werden - wacht auf!" rief ein Grüner, der in Washington die US-amerikanische Politik analysiert. Ein gefährliches Machtvakuum könnte die Folge sein, wenn Trump sein Land aus der euro-atlantischen Sicherheitsarchitektur zurückzöge. Was hieße das für Deutschland, für die Bundeswehr? Noch mehr Auslandseinsätze seien keine Lösung, erklärte eine Bundestagsabgeordnete resigniert.

Deutschland Bundesparteitag der Grünen Cem Özdemir
Abgestoßen von Trumps Sexismus: Parteichef Cem ÖzdemirBild: picture-alliance/dpa/B. Thissen

Europa muss zusammenrücken

Die Antwort der Partei ist eine Art Verteidigungsreflex. Jetzt gelte es, keine Millimeter zurückzuweichen, wenn es um den Schutz von Minderheiten gehe, um die Gleichstellung von Mann und Frau oder um die Rechte Homosexueller. Hoffnung setzen die Grünen dabei in die Europäische Union: "Europa ist ein Präventionsprogramm gegen Trumpismus", sagte die Fraktionsvorsitzende der Grünen im Bundestag, Katrin Göring-Eckardt, "es ist offen und frei".

Aber auch in Europa grassiere der Geist des Nationalismus. Gerade jetzt müsse die Europäische Union zusammengehalten werden, forderte die Europa-Abgeordnete Rebecca Harms, denn sie sei trotz aller Mängel "ein politisches Wunder". In vielen Reden schwang eine leichte Verzweiflung darüber mit, dass bereits "Erkämpftes" nun wieder in Frage gestellt werden könnte.

Deutschland Bundesparteitag der Grünen
Bild: picture-alliance/dpa/B. Thissen

Sehr kritisch gingen die Grünen auch mit den Repressionen des türkischen Präsidenten Recep Tayyip Erdogan gegenüber Journalisten und der prokurdischen Partei HDP ins Gericht. "Erdogan führt die Türkei Schritt für Schritt in eine Diktatur", sagte die Bundestagsabgeordnete Claudia Roth. Auch für ein NATO-Mitglied gebe es keinen Blanko-Scheck für die Missachtung der Menschenrechte. Jetzt gelte es, die Zivilgesellschaft in der Türkei zu unterstützen, forderte Roth.

Streit über Steuererhöhungen

Der Wunsch der Partei nach Geschlossenheit wird am Samstag auf eine harte Probe gestellt: Dann streiten die Grünen um ein Steuerkonzept, mit dem sie 2017 in den Wahlkampf ziehen wollen. Inwieweit Reiche stärker zur Kasse gebeten werden sollen, ob mit einer Vermögenssteuer oder einer reformierten Erbschaftssteuer, darüber streitet die Partei schon lange.

Eine eigens dafür eingesetzte Kommission konnte sich nach zweijährigen Beratungen nicht auf ein Modell einigen - und gab die Frage zurück an die Basis, der nun mehrere Anträge zur Entscheidung vorliegen. Parteichef Cem Özdemir, der keinen der Anträge unterschrieben hat, warnte seine Partei bei diesem Thema vor "Selbstgesprächen". Das Image einer gespaltenen Partei schade den Grünen. Bei der jüngsten Bundestagswahl kostete die Forderung nach Steuererhöhungen für "Besserverdienende" die Grünen viele Wählerstimmen - eine Falle, in die Partei bei der kommenden Wahl erneut laufen könnte.

Nina Werkhäuser Reporterin