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Guttenberg kündigt Aufklärung an

21. Januar 2011

Die angebliche Meuterei auf der "Gorch-Fock" und der ungeklärte Tod eines Soldaten in Afghanistan bringen Verteidigungsminister Guttenberg in Erklärungsnöte. Den Vorwurf der Vertuschung wies er zurück.

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Die Gorch Fock (Foto: dpa)
Die Gorch FockBild: picture alliance/dpa

Karl-Theodor zu Guttenberg hat "klare Konsequenzen" für den Fall angekündigt, dass sich die Vorwürfe über Missstände bei der Bundeswehr bewahrheiten sollten. "Menschenunwürdiger Drill kann nicht geduldet werden", betonte der Minister in der Süddeutschen Zeitung vom Freitag (21.01.2011). Auch vertuschen dürfe nie die Vorgehensweise der Bundeswehr sein, "und das ist es auch nicht", fügte er hinzu.

Marine-Experten ermitteln an Bord

Matrosen entern an Bord der Gorch Fock in die Takelage auf. (Foto:dpa)
Matrosen entern an Bord der Gorch Fock in die Takelage auf.Bild: picture alliance/dpa

Zum Vorwurf der Meuterei auf dem Marine-Segelschulschiff "Gorch Fock" erklärte Guttenberg, er habe umgehend den Inspekteur der Marine und den Leiter der Rechtsabteilung im Verteidigungsministerium angewiesen, den Sachverhalt aufzuklären, nachdem er von dem Vorfall erfahren habe. "Sie werden von mir keine Vorverurteilung hören", sagte der Minister der Zeitung aus München. "Aber wenn die Vorwürfe zutreffen, dann wird es klare Konsequenzen geben." Ein Ermittlerteam der Marine ist auf dem Weg nach Argentinien, wo die "Gorch Fock" in einem Hafen liegt.

Auf dem Schiff war im November 2010 eine 25-jährige Offizieranwärterin aus der Takelage auf das Deck gestürzt und an den dabei erlittenen Verletzungen gestorben. Anschließend sollen sich andere Offiziersanwärter geweigert haben, in die Takelage zu klettern. Die Schiffsführung erhob deshalb nach Darstellung des Wehrbeauftragten des Bundestages, Hellmut Königshaus, den Vorwurf der Meuterei.

"Keine Meuterei"

Diese Einschätzung wies ein Sprecher der Bundesmarine als "völlig falsch und überzogen" zurück. Der Begriff der Meuterei bedeute, dass die ganze Besatzung auf die Barrikaden gehe. Dies sei nach dem tödlichen Unfall an Bord des Dreimeisters nicht der Fall gewesen, sagte Fregattenkapitän Achim Winkler der Deutschen Presse-Agentur dpa.

Auch der SPD-Verteidigungsexperte Rainer Arnold erklärte, der Vorfall habe mit Meuterei nichts zu. Die Offiziersanwärter hätten vielmehr ihre Pflicht erfüllt - "nach dem Prinzip der inneren Führung unsinnige oder gar rechtswidrige Befehle infrage zu stellen".

Verteidigungsminister Guttenberg und seine Frau Stephanie,im Dezember in Afghanistan (Foto:dpa)
Verteidigungsminister Guttenberg und seine Frau Stephanie im Dezember in AfghanistanBild: picture-alliance/dpa

Fragen nach Tod eines Soldaten

Zum Fall des in Afghanistan möglicherweise von einer Kugel aus der Waffe eines Kameraden getöteten Soldaten sagte Verteidigungsminister Guttenberg der Süddeutschen Zeitung, es sei schon am Tag nach dem Vorfall öffentlich bekannt gewesen, dass mutmaßlich eine zweite Person beteiligt war. Die Bundeswehr hatte damals mitgeteilt, ein 21-jähriger Soldat sei in einem Außenposten in Nordafghanistan schwer verletzt mit einer Schusswunde aufgefunden worden und während einer Notoperation gestorben.

Nach einem internen Bundeswehrbericht, aus dem jetzt mehrere Medien zitieren, wurde der Hauptgefreite von einem Schuss in den Kopf getroffen, der sich aus der Waffe eines Kameraden gelöst habe, als dieser mit seiner Pistole spielte.

Kritik der Opposition

Bundestagsabgeordnete der Opposition warfen Guttenberg vor, den Bundestag über diesen Vorfall falsch unterrichtet zu haben. Die Vorsitzende des Verteidigungsausschusses, die SPD-Abgeordnete Susanne Kastner, sagte der Berliner Zeitung: "Das Ministerium hat den Verteidigungsausschuss nicht nur falsch informiert, sondern verschleppt und verschweigt immer wieder Informationen."

Nach einem Bericht der Stuttgarter Zeitung beklagten sich auch Abgeordnete der CDU im Verteidigungsausschuss des Parlaments über eine mangelhafte Informationspolitik des Ministeriums. Sie seien im Dezember nicht über die wahren Umstände des Todes des Soldaten informiert worden. "Wir haben bis zum vorgestrigen Mittwoch nur die Information gehabt, ein Soldat sei durch einen Schuss verletzt worden und bei der Notoperation verstorben", zitierte die Zeitung Aussagen aus dem Ausschuss.

Bundeswehrverband sieht kein Führungsproblem

Der Vorsitzende des Deutschen Bundeswehrverbandes, Ulrich Kirsch, hat mit Blick auf die Vorkommnisse in Afghanistan und auf der "Gorch Fock" vor einer Dramatisierung der Zustände in der Bundeswehr gewarnt. "Es gibt kein Führungsproblem in der Bundeswehr", sagte er dem Kölner Stadt-Anzeiger. "Es gibt Probleme mit dem Führungsverhalten in Teilbereichen." Ähnlich sieht dies auch der Verteidigungsminister. In dem Interview der Süddeutschen Zeitung erklärte Guttenberg: "Sollten sich die Vorwürfe bewahrheiten, so hätten wir es aller Wahrscheinlichkeit nach mit individuellem Fehlverhalten zu tun."

Autor: Michael Wehling (dpa, rtr, dapd, afp)

Redaktion: Dirk Eckert