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Harms: Junckers Zumutungen

Katharina Kühn22. Oktober 2014

Das Europäische Parlament hat die neue EU-Kommission von Jean-Claude Juncker bestätigt. Die Grünen-Fraktion stimmte gegen die Kommissare. Die Fraktionsvorsitzende Rebecca Harms erklärt im DW-Interview die Gründe.

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Grüne Politikerin Rebecca Harms 26.9.2014
Bild: picture alliance/Wiktor Dabkowski

DW: Frau Harms, warum haben Sie die Kommission abgelehnt?

Meine Fraktion hat mit Nein gestimmt. Das ist nicht ein Ausdruck des Misstrauens gegen Jean-Claude Juncker persönlich. Wir sind immer noch davon überzeugt, dass es gut ist, dass das Europäische Parlament den Kandidaten Juncker unterstützt hat. Wir sind überzeugt, dass Herr Juncker in einer viel demokratischeren Wahl zum Kommissionpräsidenten gewählt wurde, als der europäische Rat das wollte. Wir sind aber über die Wahl seines Teams enttäuscht. Das Europäische Parlament hatte nach den Anhörungen überhaupt keine Möglichkeit, die Kommission entsprechend ihrer Kompetenzen, Stärken, Schwächen oder auch schwerer Interessenskonflikte zu verändern. Das hat den heutigen Tag überschattet und das macht einen Teil unserer Gründe für das Nein aus.

Das heißt, die Anhörungen haben eigentlich nichts gebracht?

Die Anhörungen waren in diesem Jahr mehr Schein als Sein. Das Paket, das machtpolitisch zwischen den Konservativen, den Sozialdemokraten, der liberalen Fraktion und den Regierungen der Mitgliedsstaaten geschnürt wurde, war so eng und so fest. Selbst Interessenskonflikte bei Miguel Arias Cañete aus Spanien oder die völlige Unvereinbarkeit zwischen politischer Persönlichkeit und Portfolio bei Tibor Navracsics aus Ungarn haben nicht dazu geführt, dass Jean-Claude Juncker noch etwas verändert hat.

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Sie haben jetzt schon zwei Kandidaten angesprochen, sind das die Kommissare, die für Sie untragbar sind?

Meine Fraktion hat sehr starke Bedenken gegen den spanischen Kommissar Miguel Arias Cañete. Es ist unmöglich, dass ein Mann, der aus dem Energiegeschäft stammt, Energiekommissar wird. Wir glauben, dass Energie und Klima bei ihm nicht in guten Händen sind. Meine Fraktion ist entsetzt darüber, dass einem Mitglied der Partei von Viktor Orbán, Tibor Navracsics aus Ungarn, die Zuständigkeit für Kultur und Bildung gegeben wird. Wir sind fassungslos gewesen, dass man, um den britischen Premierminister David Cameron wohlgesonnen zu stimmen, einem Mann wie Jonathan Hill, der überhaupt nichts von der Regulierung der Finanzmärkte hält, diese Zuständigkeit gibt. Juncker kann frischen Wind bedeuten für Europa, sein Team kommt aber aus grüner Sicht mit echten Zumutungen daher.

Trotz der Kritik an diesen Kommissaren, was erwarten Sie für eine politische Ausrichtung in dieser neuen Kommission?

Wir haben noch nicht darüber geredet, was politisch der größte, schwerwiegendste Grund für uns war, mit Nein zu stimmen, jenseits der undemokratischen Abläufe. Wir sind der Auffassung, dass die ganze Idee der nachhaltigen Entwicklung, die Frage, wie man Europa zukunftsfähig macht, angesichts der Klimakatastrophe, angesichts von großen neuen Problemen bei der Versorgungssicherheit mit Energie, dass diese ganzen Probleme nicht gut aufgehoben sind. Auch nachhaltige Entwicklung, wie man mit Ressourcen anders umgehen kann, wie man Wachstum und Ressourcenverbrauch entkoppeln kann. Das sind Themen, von denen wir gedacht hatten, wir seien schon weiter gekommen. Beim Team Juncker spielen diese Themen eine völlig nachgeordnete Rolle und das halten wir für falsch.

Rebecca Harms (57) ist die Vorsitzende der Grünen-Fraktion im Europäischen Parlament. Sie ist seit 2004 Abgeordnete in Straßburg.