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Hausmädchen in Katar - Pause nur im Schlaf

Jennifer Fraczek23. April 2014

Geringer Lohn, kaum freie Tage, sexuelle Übergriffe und Schläge - viele weibliche Hausangestellte in Katar werden laut Amnesty International von ihren Arbeitgebern misshandelt.

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Die Skyline von Katars Hauptstadt Doha (Foto: Getty Images)
Katars Hauptstadt Doha: Die Fassade glänzt, doch in dem Fußball-WM-Land werden Migranten ausgebeutetBild: Getty Images

Tödliche Unfälle und menschenunwürdige Arbeitsbedingungen auf den Baustellen der Fußball-WM in Katar - das hat im vergangenen Jahr für einen internationalen Aufschrei gesorgt. Doch auch andere ausländische Arbeitnehmer und Arbeitnehmerinnen werden in dem Golfstaat gequält, so Amnesty International (ai). Die Menschenrechtsorganisation beleuchtet in einer Studie die Situation von Hausangestellten. Was die Betroffenen den Autoren erzählten, zeichnet ein erschreckendes Bild: Extrem niedrige Löhne, 100-Stunden-Wochen, kaum Pausen oder freie Tage, wenig Schlaf, Demütigungen und Gewalt durch den Arbeitgeber.

"Die Arbeitsbedingungen sind sehr harsch für die Hausangestellten", fasst Amnestys Katar-Expertin Regina Spöttl im DW-Gespräch zusammen. Mehr als 130.000 Ausländer sind in Katar als Reinigungskräfte, Köche, Kinderbetreuer, Fahrer und Gärtner beschäftigt - rund 84.000 Frauen und rund 48.000 Männer. Sie arbeiten bei Katarern, Europäern, Amerikanern, Asiaten und Afrikanern. Die meisten kommen aus Süd- und Südostasien.

Nepalesische Arbeiter in ihrer Unterkunft in Katar (Foto: Human Rights Watch)
Über die Ausbeutung nepalesischer Arbeiter in Katar berichteten Menschenrechtsorganisationen schon vor zwei JahrenBild: Sam Tarling

Dem Arbeitgeber ausgeliefert

Für den Bericht mit dem Titel "My Sleep Is My Break" ("Mein Schlaf ist meine Pause") hat Amnesty zwischen Oktober 2012 und März 2013 mit 52 weiblichen Hausangestellten gesprochen. Nachgefragt hat die Organisation auch bei offiziellen Stellen, unter anderem im Innen- und im Arbeitsministerium und bei den Botschaften der Herkunftsländer der Arbeiterinnen. Die Berichte der Frauen schockieren: Sie erzählten, wie sie geschlagen, an den Haaren gezogen und die Treppe hinunter gestoßen wurden. Eine Indonesierin habe Schnittwunden von einem Messer gehabt und eine Wunde von einem Bügeleisen, das ihr auf die Brust gedrückt worden sei. Drei Frauen sagten, sie seien vergewaltigt worden. "Vergewaltigungen werden selten angezeigt, weil die Frauen Angst haben, vom Opfer zur Täterin gemacht zu werden. Oft wird ihnen vorgeworfen, sich unzüchtig verhalten zu haben", erklärt Spöttl.

52 Studienteilnehmerinnen sind eine kleine Stichprobe. Nichtsdestotrotz seien die Berichte der Frauen relevant und aussagekräftig, betont Regina Spöttl. Viele hätten sich gescheut, etwas über ihre Arbeitsbedingungen zu sagen. Die ai-Fachfrau ist sich sicher, "dass gut die Hälfte der ausländischen Hausangestellten während ihres Arbeitslebens in Katar irgendeiner Form von Missbrauch ausgesetzt ist". Dass es sich nicht um Einzelfälle handelt, legen auch folgende Zahlen nahe: In den Botschaften der Herkunftsländer der Hausangestellten gehen jede Woche viele Dutzend Beschwerden ein. Die QFCHT, eine katarische Stiftung zur Bekämpfung von Menschenhandel, registrierte 2013 monatlich zwischen 200 und 300 Beschwerdeanrufe.

Agenturen werben die Migranten in ihren Heimatländern an, spiegeln ihnen falsche Tatsachen vor und vermitteln sie an Familien in Katar. Oft könnten die Betroffenen die auf Arabisch verfassten Verträge gar nicht lesen. Sind sie im Land angekommen, fallen sie unter das auch in anderen arabischen Ländern existierende "Sponsoren-Gesetz". Es sieht für jeden Einwanderer einen Bürgen vor, der im Regelfall ihr Arbeitgeber ist. "Durch das Sponsoren-Gesetz sind sie ihren Arbeitgebern auf Gedeih und Verderb ausgeliefert", sagt Spöttl. Denn: Ohne Erlaubnis des Bürgen - bei den Hausangestellten ist das meist das Familienoberhaupt - dürfen sie weder ihren Job wechseln noch das Land verlassen. Tun sie es, machen sie sich strafbar. Ihre rechtliche Stellung ist auch ansonsten schwach. Zwar gibt es in Katar ein Arbeitsgesetz, das Arbeitszeitbeschränkungen, freie Tage und Beschwerdemöglichkeiten garantiert. Für Hausangestellte gilt es aber nicht.

Arabische Männer sitzen in einem Laden, im Vordergrund eine Replik des WM-Pokals (Foto: Getty Images)
Die WM-Vergabe hat ein Schlaglicht auf Katars Umgang mit ausländischen Arbeitern geworfenBild: Getty Images

Katars Regierung verspricht Verbesserungen

Amnesty fordert darum: Das Arbeitsgesetz muss auch für Hausangestellte gelten. Das Sponsoren-Gesetz muss abgeschafft oder zumindest fundamental überarbeitet werden. Frauen, die vor ihrem Arbeitgeber fliehen, dürfen nicht mehr kriminalisiert werden. Und: Häusliche Gewalt muss unter Strafe gestellt werden.

Regina Spöttl, Katar-Expertin von Amnesty International (Foto: Privat)
Spöttl: Häusliche Gewalt bestrafenBild: privat

Der fragwürdige Umgang Katars und anderer Staaten der Golfregion mit ausländischen Arbeitern und Arbeiterinnen ist Menschenrechtsorganisationen schon lange bekannt. Immer wieder haben sie auch darauf hingewiesen. Allerdings ist der politische Druck auf Katars Regierung offenbar nicht groß genug. Selbst nach dem Bekanntwerden der katastrophalen Lage der Arbeiter auf den WM-Baustellen hat das Emirat nichts grundlegend geändert.

"Die Regierung Katars hat lediglich die Zahl der Inspektoren verdoppelt, die in die Betriebe gehen und überprüfen, ob das Arbeitsgesetz umgesetzt wird. Das ist ein guter Schritt in die richtige Richtung, aber das ist noch lange nicht genug", kritisiert Spöttl. Zudem habe das Organisationskomitee der Fußball-WM Standards erarbeitet, die aber nur für die Beschäftigten auf den WM-Baustellen gelten sollen.

Den aktuellen Amnesty-Bericht über die Hausangestellten habe die katarische Regierung "wohlwollend zur Kenntnis genommen und versprochen, dass Abhilfe geschaffen wird", weiß Spöttl. Aber bis jetzt sei noch nichts passiert.