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Politik

Hilfsorganisationen kritisieren Ankerzentren

26. Mai 2018

In einem offenen Brief an Kommunen und Ministerien haben sich 24 Hilfsorganisationen und Sozialverbände gegen die Pläne für sogenannte Ankerzentren für Flüchtlinge gewandt. Diese seien ungeeignet für Kinder und Familien.

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Bayerisches Transitzentrum - mögliches Ankerzentrum
Bild: picture-alliance/dpa/S. Puchner

In dem gemeinsamen Papier bezweifeln Save the Children, Pro Asyl, Das deutsche Kinderhilfswerk und weitere Organisationen, dass in den von Bundesinnenminister Horst Seehofer (CSU) vorgesehenen Ankerzentren die Rechte und das Wohl von Kindern geachtet werden können. Auf Grundlage der bisher bekannten Pläne erschienen diese als ungeeignete Orte für Kinder, Jugendliche und Familien.

Denn für einen gelungenen Start müssten Kinder in einer Umgebung sein, in der sie sicher und gesund aufwachsen sowie Schulen und Kindergärten besuchen könnten, so Maike Riebau, rechtspolitische Sprecherin von Save the Children Deutschland. Es sei pädagogisch und rechtlich außer Frage, dass Kinder nicht nur besonderen Schutz benötigten, sondern ihnen elementare Rechte nicht vorenthalten werden dürften.

Fast die Hälfte aller Flüchtlinge sind Kinder und Jugendliche

"Die Pläne der Bundesregierung lassen diese Erkenntnisse nicht nur außer acht - sie laufen ihnen zuwider", erklärte Riebau weiter, "Das Kindeswohl muss Vorrang vor sicherheitspolitischen Erwägungen haben." Laut den Unterzeichnerorganisationen des offenen Briefes an Kommunen und Ministerien waren von den 2017 nach Deutschland gekommenen Flüchtlingen 45 Prozent Kinder und Jugendliche. 

Statt eines "Mehr an Kasernierung und Isolation" seien möglichst kurze Aufenthalte in Gemeinschaftsunterkünften vonnöten, sagte auch der Bundesgeschäftsführer des Deutschen Kinderhilfswerks, Holger Hofmann. "Anker-Zentren bieten Kindern kein Zuhause."

Viele Bundesländer gegen Seehofers Pläne

In den Ankerzentren soll nach dem Willen Seehofers künftig das komplette Asylverfahren abgewickelt und somit beschleunigt werden. Er erhofft sich zudem eine Erhöhung der Abschiebezahlen. Erwachsene alleinstehende Asylbewerber sollen bis zu 18 Monate, Familien bis zu sechs Monate in den Zentren bleiben, um sicherzustellen, dass beim Verlassen ihr Asylverfahren beendet ist.

Der Betrieb der neuen Ankerzentren soll zunächst in Pilotversuchen getestet werden. Dafür sollen im September und Oktober bis zu fünf solcher Zentren in großen Bundesländern mit bis zu 1500 Personen pro Zentrum mit ihrer Arbeit starten. Allerdings lehnen viele Bundesländer dies bislang ab, nur Bayern und Saarland erklärten sich zur Einrichtung solcher Zentren bereit.

EU-Asyl-Streit: Neuer Vorschlag von Bulgarien

Indessen hat im Streit über eine mögliche EU-weite Quotenregelung zur Umverteilung von Flüchtlingen Bulgarien, das derzeit den EU-Ratsvorsitz innehat, einen Kompromissvorschlag eingebracht. Demnach sollen Flüchtlinge nur dann automatisch in der EU umverteilt werden, wenn es wie 2015 zu einem sehr starken Zustrom kommt. Bei einem weniger starken Zustrom würde ein System aktiviert werden, das den betroffenen Ländern an den EU-Außengrenzen eine intensive Unterstützung garantiert. Gleichzeitig könnten Länder sich freiwillig bereiterklären, Flüchtlinge aufzunehmen und dafür auch Geld aus EU-Töpfen bekommen.

Die EU-Kommission und Länder wie Deutschland sprechen sich in dem seit 2016 andauernden Streit für ein Konzept aus, das eine Umverteilung inklusive Aufnahmepflicht vorsieht. Dagegen lehnen Staaten wie Polen, Ungarn und Tschechien jegliche Art von Zwang bei der Aufnahme von Flüchtlingen ab.

Ziel Bulgariens ist es, bis zum Ende der Präsidentschaft einen Durchbruch zu erreichen. Denn wenn Österreich - das eher auf Seiten der osteuropäischen Länder steht - die Präsidentschaft im Juli übernimmt, könnte es wieder deutlich schwerer werden, eine Lösung zu finden.

ie/sti (dpa, afp, epd)