Hollande für Eurozonen-Regierung
19. Juli 2015Unter dem Eindruck der Griechenland-Krise hat sich der französische Präsident François Hollande für eine gestärkte Organisation der Eurozone mit eigenem Haushalt und parlamentarischer Kontrolle ausgesprochen. Er rief seine Bürger auf, ihren Glauben an ein europäisches Projekt zu erneuern. In einer am Sonntag im "Journal du Dimanche" veröffentlichten Kolumne schrieb Hollande, die "Qualität der deutsch-französischen Beziehung" habe zuletzt entscheidend zur "Kohäsion" zwischen der Eurozone und Griechenland beigetragen. Weil das europäische Projekt durch das griechische Schuldendrama geschwächt worden sei, sei er zur Bildung einer "Avantgarde" auch mit anderen interessierten Ländern bereit.
"Maßlosigkeit bereitet uns keine Sorgen"
Der Staatschef nahm damit eine Idee des ehemaligen EU-Kommissionspräsidenten Jacques Delors auf. Dieser hatte sich bereits vor Jahren für eine Regierung der Eurozone ausgesprochen, verbunden mit einem spezifischen Haushalt und einem Parlament für die demokratische Kontrolle. Die Kolumne schrieb Hollande aus Anlass von Delors' 90. Geburtstag am Montag. Der französische Präsident sagte, "was uns Sorge bereitet, ist nicht die Maßlosigkeit Europas, sondern die Unzulänglichkeit."
Populisten profitieren durch Politikverdrossenheit
Hollande schrieb, Europa habe es zugelassen, dass die Institutionen geschwächt worden sind und fügte hinzu, die 28 Mitgliedsländer der Europäischen Union würden sich abmühen, Konsens zu finden um vorwärts zu kommen. Das Parlament ist zu weit von Entscheidungen entfernt. Und die Bürger wenden sich ab, nachdem sie oft umgangen wurden". Populistische Bewegungen würden durch die Politikverdrossenheit der Europäer gegenüber EU-Institutionen wachsen. Sie seien mit Europa nicht einverstanden, weil sie "vor der Welt Angst haben. Sie wollen zu einer Spaltung zurückkehren, mit Mauern und Zäunen."
Hollande hatte bereits am Dienstag angekündigt, dass er seine Vorschläge für eine "europäische Wirtschaftsregierung" in Abstimmung mit der Bundesregierung vorantreiben wolle. Hollandes Finanzminister Michel Sapin erteilte unterdessen dem Vorschlag seines deutschen Kollegen Wolfgang Schäuble über einen vorübergehenden Austritt Griechenlands aus der Eurozone, dem sogenannten Grexit, eine Absage. Der griechischen Zeitung "To Vima" sagte er: "Entweder Verbleib im Euro oder Ausstieg." Einen vorübergehenden Grexit könne es nicht geben, andernfalls werde die gesamte Währungsunion in Frage gestellt.
pab/qu (afp, rtr)