Härte gegen Dissidenten aus Innerer Mongolei
27. November 2012Der Dissident Hada aus der Inneren Mongolei wird seit fast zwei Jahren von den chinesischen Behörden festgehalten, nachdem er 15 Jahre Haft abgesessen hatte. Seine Frau hofft auf Änderungen nach dem jüngsten Parteitag.
Die Innere Mongolei im Nordosten Chinas ist eine der Autonomen Regionen des Landes, wie Xinjiang und Tibet im Westen. Im Vergleich zu diesen beiden Regionen steht die Innere Mongolei seltener im Scheinwerferlicht der Öffentlichkeit wegen ethnischer Spannungen und politischer Forderungen nach mehr Autonomie beziehungsweise Unabhängigkeit. Aber es gibt auch in der Inneren Mongolei Unzufriedenheit unter den rund fünf Millionen Mongolen über die kulturelle und wirtschaftliche Dominanz der Han-Chinesen. Zuletzt gab es im Mai 2012 Proteste in der Hauptstadt Hohhot nach dem gewaltsamen Tod zweier mongolischer Aktivisten, die sich chinesischen Bergbauaktivitäten in den Weg gestellt hatten.
Der bekannteste Protagonist des mongolischen Unabhängigkeitsstrebens ist Hada, der nach Tradition seines Volkes nur einen Namen benutzt. Der Aktivist, Buchhändler und Autor wurde 1995 verhaftet, nachdem er in Hohhot eine anti-chinesische Demonstration organisiert hatte. Er wurde wegen Separatismus, Spionage – letzteres wegen eines Interviews für Voice of America – und wegen seiner führenden Rolle in der verbotenen "Südmongolischen Allianz für Demokratie" zu 15 Jahren Haft verurteilt.
Leiden nach langer Haft nicht zu Ende
Am 10. Dezember 2010, also nach Ablauf der Haftzeit, tauchten im Internet Fotos von einem Familientreffen mit Hada auf. Die fünf Fotos, die anonym an die von chinesischen Dissidenten im Ausland betriebenen Website Boxun.com geschickt wurden, zeigten den grauhaarigen Hada zusammen mit seiner Ehefrau Xinna und den gemeinsamen Sohn Uiles beim Essen.
Die Normalität suggerierenden Bilder täuschten jedoch, denn Hada wurde nicht mehr in der Öffentlichkeit gesehen. Nach Angaben von Familienmitgliedern wurde und wird er bis heute an einem unbekannten Ort festgehalten. Unter anderem hat Amnesty International dagegen protestiert. Auch Hadas Frau Xinna befand sich damals in Gewahrsam der Behörden wegen "illegaler Wirtschaftstätigkeit" im Zusammenhang mit der "Akademischen Mongolischen Buchhandlung", die sie von ihrem Mann in Hohhot übernommen hatte.
Seine Frau Xinna sprach vor kurzem, nach Beendigung des 18. Parteitages der KPCh, mit der Deutschen Welle über den Zustand ihres Mannes: "Er war damals (im Dezember 2010) körperlich schwach wegen des schlechten Essens im Gefängnis, aber sein Geist war wach. Danach wurden wir wieder getrennt, weil wir beide aus Protest gegen unsere illegale Haft in den Hungerstreik traten." Bei einem Wiedersehen ein Jahr später habe ihr Mann depressiv gewirkt, "er saß den ganzen Tag da, ohne sich zu rühren. Seine Wächter sagten mir, er sei schon seit einem Jahr so." Zu den Schikanen, denen man Hada aussetze, gehöre, dass man ihm Toilettenpapier vorenthält.
Schikanen gegen Frau und Sohn
Xinna und ihr Sohn leben in einem gemieteten Warenlager in Hohhot unter Bewachung der Behörden. Wegen des angeblichen Wirtschaftsvergehens wurde Xinna zu fünf Jahren Bewährungsstrafe verurteilt. Ihrem Sohn wurde ohne offizielle Anklage Drogenbesitz vorgeworfen. Der in Deutschland lebende chinesische Dissident Xi Haiming sagte gegenüber Deutschen Welle, nach seinen Informationen habe man Hada gedroht, in weitere vier Jahre aus dem Verkehr zu ziehen. Die Rechtfertigung habe man, denn nach 15 Jahren Haft besitze er noch weitere vier Jahre lang keine politische Rechte.
Xinnas Buchhandlung bleibt unterdessen geschlossen, die Bücher sind beschlagnahmt. Seit der Eröffnung des 18. Parteitags in Beijing folgten die Sicherheitsleute ihr auf Schritt und Tritt, selbst wenn sie nur im Hof mit dem Hund spazieren geht oder ihren Sohn zum Schwimmen fährt, berichtet sie. Internet und das Telefon funktionierten während des Parteitags nicht.
Neue Politik unter neuer Führung?
Xinna schreibt weiterhin beharrlich an den Parteichef der Autonomen Region Innere Mongolei, Hu Chunhua, und an die obersten Sicherheitsbehörden in Peking. Sie fordert, ihren Mann freizulassen und mit der Verfolgung ihrer Familie aufzuhören. Xinna gibt die Hoffnung noch nicht auf: "Auf dem 18. Parteitag wurde gesagt, 'lass die Justiz in den Sonnenschein' (Die Justiz muss transparant werden- Red.) Ich habe diesen Satz in meinem Brief an den Minister für die öffentliche Sicherheit zitiert und meine Hoffnung geäußert, dass das keine leeren Worten blieben." Sie setzte ihre Hoffnung darauf, dass Chinas neue Führung mehr Öffnung und einen neuen Umgang mit den Minderheitenfragen wage.