Indonesiens neuer Präsident will Konflikte lösen
20. Oktober 2004Mancher Beobachter von außen reibt sich die Augen. Ausgerechnet ein Ex-General wird nur wenige Jahre nach dem Ende der Militärdiktatur in Indonesien ins höchste Regierungsamt gewählt. Und noch dazu einer, der schon unter dem früheren Diktator Suharto gedient und sich in dieser Zeit seine militärischen Sporen erworben hat. Doch man wird Indonesiens neuem Präsidenten Susilo Bambang Yudhoyono nicht gerecht, wenn man ihn in erster Linie als Vertreter des Militärs sieht.
In den Jahren der Demokratie hat er bereits eine beachtliche zivile politische Karriere hinter sich, in der er sich Respekt, internationale Anerkennung und offenbar auch das Vertrauen breiter Wählerschichten erworben hat. Am Mittwoch (20.10.2004) tritt Yudhoyono sein Amt als Präsident des Landes mit der größten islamischen Bevölkerung an, nachdem er im September 2004 mit 60 Prozent der Stimmen die Stichwahlen für sich entschieden hat.
"Er ist berechenbar"
Natürlich verdankt er einen großen Teil seines Wahlsieges der Unfähigkeit seiner Vorgängerin Megawati Sukarnoputri, die drückenden Wirtschaftsprobleme des Landes zu lösen. Für den unverbrauchten Yudhoyono gilt noch das Prinzip Hoffnung, dass zumindest er seine Wahlversprechen einlöst. Gerhard Fulda, langjähriger deutscher Botschafter in Indonesien, der Yudhoyono aus vielen Begegnungen kennt, meint, dass diese Hoffnungen nicht enttäuscht werden: "Ich glaube, dass er ein starker Mann ist - vor allen Dingen mit seiner Prinzipientreue. Weil er das tut, was er sagt und das auch durchsetzt. Er ist insoweit berechenbar. Und er macht auch den Eindruck, dass er unbestechlich ist."
Er wird es nicht leicht haben, denn SBY, wie ihn die Indonesier mit seinen Initialen nennen, verfügt zwar über breite Unterstützung in der Bevölkerung - im Parlament haben aber andere das Sagen. Er wird nicht umhin kommen, Kompromisse zu machen mit der Golkar Partei - über Jahrzehnte die politische Basis der Militärdiktatur -, mit der Demokratischen Partei seiner Vorgängerin Megawati, die ihre Niederlage bis heute nicht akzeptiert, und mit den verschiedenen islamischen Parteien. Der größte Widerstand allerdings steht ihm bevor, wenn er das Kernproblem der indonesischen Gesellschaft in den Griff bekommen will, die Korruption.
Konsequente Karriere
Bisher hat Yudhoyono durchgesetzt, was er für richtig hielt. Der militärischen Karriere folgte konsequent die zivile mit Regierungsämtern als Energie- und Sicherheitsminister in der Nachdiktaturzeit - und auch für die Zukunft setzt Yudhoyono auf zivile Politik. Er versucht, die regionalen Konflikte in den Krisenprovinzen Aceh und Papua auf dem Vermittlungsweg in den Griff zu bekommen, statt zu dem altbekannten Mittel der Entsendung von Militärs zu greifen. Yudhoyono verspricht gleichzeitig, dem Terrorismus in Indonesien entschlossen entgegenzutreten.
Der neue Staatschef hat im Land den Beinamen "der sinnierende oder denkende General", denn er überlege lange, bevor er Entscheidungen trifft. Yudhoyono stammt von der Insel Java, wie alle seine Vorgänger - bis auf den Suharto-Nachfolger Habibie. Und Yudhoyono ist Muslim.
Muslimischer Präsident
Doch so willensstark, durchdacht und konsequent der neue Präsident auch sein mag, kurzfristig kann er die in ihn gesetzten Erwartungen nicht allein erfüllen - dazu sind die Probleme viel zu gravierend. Yudhoyono braucht Unterstützung - nicht zuletzt auf internationaler Ebene. Auch wenn Indonesien als Investitionsstandort derzeit nicht besonders gefragt ist, ist die Bedeutung des Landes nicht zu unterschätzen. Als Präsident des bevölkerungsreichsten islamischen Landes der Welt ist ein erfolgreicher Präsident Yudhoyono der lebende Beweis, dass Islam, Demokratie und eine konsequente Anti-Terrorpolitik gut zusammenpassen.