Indonesien hat Wende zur Demokratie geschafft
21. September 2004Auch wenn das offizielle Endergebnis erst am 5. Oktober 2004 verkündet werden wird, im südostasiatischen Inselreich ist die Wahl entschieden. Ein Außenseiter hat das Rennen gemacht: der ehemalige General und Sicherheitsminister Susilo Bambang Yudhoyono. Die noch amtierende Präsidentin Megawati Sukarnoputri blieb bei der ersten Direktwahl in der Geschichte des Landes gut 20 Prozent hinter Yudhoyono zurück.
Woher kam der Popularitätsverlust?
Erklärungen für den dramatischen Popularitätsverlust der Präsidentin gibt es genug. Wurde sie bei den letzten Wahlen noch von einer breiten Welle der Sympathie der verarmten Massen Indonesiens ins Amt getragen, so sind es jetzt gerade diese kleinen Leute, die der Symbolfigur des demokratischen Widerstandes die Gefolgschaft verweigern. Viele Indonesier hatten sich in der politischen Instabilität nach dem Sturz des Diktators Suhartos Ende der 1990er-Jahre mehr Wohlstand, Stabilität und Gerechtigkeit erhofft. Davon ist das Land auch heute noch weit entfernt. Nach dem Rückzug der Militärs in ihre Kasernen ist Indonesien unsicherer geworden. Korruption ist und bleibt die Triebfeder vieler wirtschaftlicher und gesellschaftlicher Prozesse.
Von der Ernüchterung profitiert der künftige Präsident des Inselreichs Yudhoyono, General unter Suharto und Sicherheitsminister unter Megawati. Er hat es geschafft, sich vom Versager-Image seiner Vorgängerin und dem Schatten der Militärvergangenheit zu befreien. Seine Anti-Terror-Strategie genießt das Wohlwollen der USA und der jüngste Terroranschlag vor der australischen Botschaft in Jakarta dürften ihm weitere Stimmen verunsicherter Wähler eingebracht haben. Auch der taktische Schachzug seiner Gegnerin, sich im Vorfeld der Wahlen ausgerechnet mit der Golkar-Partei des ehemaligen Diktators Suharto zu verbünden, hat ihm genutzt und der Glaubwürdigkeit der noch amtierenden Präsidentin geschadet.
Bei regionalen Konflikten setzt Yudhoyono auf internationale Institutionen und Vermittler. Ob das Rezept aufgeht, wird sich noch zeigen. Das gilt auch für alle anderen Wahlversprechen, die SBY, wie ihn die Indonesier nennen, im Wahlkampf abgegeben hat. Mehr Wohlstand für alle, wer möchte das nicht? Angesichts lockender China-Geschäfte, vieler Infrastrukturprobleme und einer korrupten Justiz halten sich die internationalen Investoren jedoch zurück. Der Binnenmarkt lebt von Bestechungsgeldern. Wer diesen Sumpf austrocknen will, braucht einen langen Atem. Mehr als Versprechungen hat Yudhoyono auch nicht vorzuweisen, doch bei ihm funktioniert das Prinzip Hoffnung noch, das sich bei Megawati längst abgenutzt hat.
Demokratie als wesentlicher Verdienst Megawatis
Der Blick auf Armut und Korruption verbirgt aber auch die eigentlichen Verdienste der jetzt abgewählten Präsidentin. Dass die Wahlen in diesem Jahr nach Ansicht aller Beobachter demokratisch und gewaltfrei verlaufen sind, ist das Verdienst ihrer Regierung. In wenigen Jahren hat Indonesien nach Jahrzehnten der Militärdiktatur ohne Blutvergießen die Wende zur Demokratie geschafft.
Alle Befürchtungen, vor allen Dingen aus den USA und Australien, Indonesien könne sich zu einer neuen Operationsbasis des islamistischen Terrors entwickeln, haben sich nicht bewahrheitet. Das bevölkerungsreichste islamische Land der Welt, das haben die Parlamentswahlen im Frühjahr gezeigt, ist weit entfernt vom Fundamentalismus.
Ein Wechsel im Präsidentenamt, die Abwahl einer Regierung, der man nichts mehr zutraut - das ist Alltag in einer Demokratie. Damit müssen sich auch die abfinden, die in Yudhoyono noch immer in erster Linie den Ex-General sehen. Ob er seine Wahlversprechen einlösen und das Militär auf Distanz halten kann, wird sich zeigen. Sollte er scheitern, haben die Wähler in wenigen Jahren erneut die Gelegenheit, ihm die rote Karte zu zeigen. Auch das ist mit ein Verdienst seiner Vorgängerin.