Irak hat wieder eine Regierung
28. Oktober 2022Im Oktober 2021 hatte im Irak die Parlamentswahl stattgefunden, seitdem wurde um die Bildung einer neuen Regierung gerungen. Am Donnerstagabend wurde nun das Kabinett des neuen Ministerpräsidenten Mohammed Schia al-Sudani von den der Mehrheit der Abgeordneten gebilligt, wie die Staatsagentur INA berichtete. Die Abstimmung erfolgte durch Handzeichen. Rund 250 Abgeordnete des 329 Sitze zählenden Parlaments nahmen an der Sitzung teil. Wie viele von ihnen genau für die neue Regierung stimmten, wurde nicht bekanntgegeben.
Bei der Sitzung wurden 20 Ministerposten besetzt. Lediglich die Ressortchefs für Wohnungsbau und Umwelt wurden noch nicht benannt.
Al-Sudani versprach in einer Rede im Parlament, alle politischen Kräfte einzubinden, unabhängig davon, ob sie an der Regierung beteiligt seien. Ziel sei unter anderem eine starke Wirtschaft mit vielen neuen Jobs und die Bekämpfung von Armut und Arbeitslosigkeit.
Erst vor zwei Wochen hatte das Parlament den kurdischen Politiker Abdul Latif Raschid zum Präsidenten ernannt und damit nach einem Jahr politischer Blockade den Weg für die Bildung einer neuen Regierung freigemacht. Ein Streit zwischen den größten kurdischen Parteien hatte die Ernennung eines Präsidenten monatelang verhindert.
Als erste Amtsmaßnahme beauftragte Latif Raschid den Schiiten Al-Sudani mit der Regierungsbildung. Das alte Kabinett unter Ministerpräsident Mustafa al-Kasimi war bislang noch geschäftsführend mit Amt und nur bedingt handlungsfähig.
Kompliziertes politisches Proporzsystem
Seit der US-geführten Invasion im Irak 2003 und dem Sturz des damaligen Machthabers Saddam Hussein wird das Land nach einem ethnisch-konfessionellen Proporzsystem regiert, wonach das Amt des Ministerpräsidenten einem Schiiten vorbehalten ist. Das Staatsoberhaupt wird von den Kurden gestellt und der Parlamentspräsident von den Sunniten - der neben den Schiiten zweiten großen Glaubensrichtung des Islams.
In den vergangenen Monaten hatte sich die politische Krise im Irak immer weiter verschärft, mit angetrieben vom schiitischen Geistlichen Muktada al-Sadr. Aus der Parlamentswahl am 10. Oktober 2021 ging zwar Al-Sadrs Partei als Sieger hervor. Es gelang ihr jedoch nicht, ausreichend Partner zu finden, um eine Regierung nach seinem Wunsch zu bilden. Im Juni gaben die Abgeordneten des Bündnisses geschlossen ihr Mandat zurück. Der Schritt führte zum schwersten Gewaltausbruch seit Jahren.
qu/cw (dpa, rtr, ap)