Iraks Regierungschef gibt Demonstranten recht
4. Oktober 2019Iraks Ministerpräsident Adel Abdel Mahdi hat die Forderungen seiner protestierenden Landsleute als "berechtigt" anerkannt. In einer Rede im Staatsfernsehen sagte Mahdi in der Nacht zum Freitag, die Regierung sei um eine Lösung bemüht, doch gebe es "keine Zauberformel", um alle Probleme zu beheben. Zugleich kündigte er an, dass benachteiligten Familien geholfen werden solle. "Wir werden jeder irakischen Familie, die kein monatliches Einkommen hat, Geld geben, um Gerechtigkeit zu erreichen", versprach er. Der Regierungschef appellierte zugleich an die Demonstranten, friedliche Proteste nicht in Chaos abgleiten zu lassen.
Seit Beginn der Demonstrationen am Dienstag musste die Polizei immer wieder gewaltsam einschreiten. Landesweit wurden bei den Unruhen 38 Menschen getötet und mehr als 1600 verletzt, wie die Hohe Menschenrechtskommission mitteilte.
Angeführt werden die Proteste überwiegend von jungen Männern. Sie blockierten in der Hauptstadt Bagdad Straßen und zündeten Autoreifen an. In mehreren Provinzen stürmten sie Gebäude und legten Feuer. Sicherheitskräfte versuchten mit Tränengas und Schüssen in die Luft, die Proteste aufzulösen. Es kam zu Zusammenstößen.
Mahdi verhängte am Mittwochabend eine Ausgangssperre in Bagdad, um die Lage unter Kontrolle zu bekommen. Doch auch am Donnerstag gab es an mehreren Orten Ausschreitungen. Proteste wurden auch aus anderen Städten gemeldet.
Hohe Arbeitslosigkeit, keine Infrastruktur
Die Wut der Bevölkerung richtet sich gegen die weit verbreitete Korruption, die schlechte Wirtschaftslage und den politischen Stillstand. Viele Menschen im Irak klagen über die hohe Arbeitslosigkeit und die vernachlässigte Infrastruktur. So gehört der Irak zu den ölreichsten Ländern der Welt, leidet aber unter anderem unter einem akuten Energiemangel. Der Wiederaufbau nach dem Sieg über die Terrormiliz "Islamischer Staat" kommt nur sehr schleppend voran. Vor allem im Norden und Westen des Landes sind viele Städte zerstört.
Kritiker werfen den führenden Politikern seit Jahren vor, sie nutzten ihre Positionen vor allem dazu, sich ihre eigenen Taschen und die ihrer Klientel zu füllen. Im Anti-Korruptions-Index der Organisation Transparency International steht der Irak auf Platz 168 von 180 Ländern.
se/qu (rtr, dpa)