1. Zum Inhalt springen
  2. Zur Hauptnavigation springen
  3. Zu weiteren Angeboten der DW springen

Islamisten umwerben Flüchtlinge

14. August 2016

Der Verfassungsschutz beobachtet mit Sorge die Versuche radikaler Islamisten, unter Flüchtlingen neue Mitstreiter anzuwerben. Bei der Überwachung der Islamisten-Szene stoßen die Geheimdienstler auf Probleme.

https://p.dw.com/p/1Jhy8
Salafisten verteilen in Berlin den Koran (Archivbild: picture-alliance/Breuel-Bild/J. Reetz)
Salafisten verteilen in Berlin den Koran (Archivbild)Bild: picture-alliance/Breuel-Bild/J. Reetz

Radikale Islamisten tummeln sich rund um Asylunterkünfte, um Flüchtlingen ihre Ideologie einzuflüstern. "Es gibt bislang mehr als 340 Fälle, die uns bekannt geworden sind", sagte der Präsident des Bundesamts für Verfassungsschutz, Hans-Georg Maaßen, der Deutschen Presse-Agentur in Berlin. "Aber das sind nur die, von denen wir erfahren haben. Vermutlich gibt es mehr Fälle."

Maaßen sagte, der Verfassungsschutz habe Betreiber von Flüchtlingsheimen bereits für das Problem sensibilisiert und ihnen Informationen dazu an die Hand gegeben. "Es bereitet uns Sorge, wenn Salafisten und andere Islamisten Werbung in den Asylunterkünften machen."

Erstaufnahmeeinrichtung für Flüchtlinge in Dortmund (Foto: Imago)
Erstaufnahmeeinrichtung für Flüchtlinge in DortmundBild: Imago/Cord

Der Vizepräsident des Inlandsgeheimdienstes, Thomas Haldenwang, hatte Anfang des Monats erklärt, die Anwerbeversuche wirkten häufig abschreckend, weil die meisten Flüchtlinge vor der menschenverachtenden Ideologie islamistischer Fundamentalisten geflohen seien. Dies könne sich aber ändern, wenn die Erwartungen der Flüchtlinge in Deutschland enttäuscht würden, warnte er.

In radikale Moscheen gelotst

Sein Chef Maaßen erklärte nun: "Bekanntermaßen sind unter den Asylsuchenden sehr viele junge Männer mit sunnitischer Konfession. Die kommen oft aus konservativen islamischen Milieus und wollen freitags in eine arabischsprachige Moschee gehen." Unter diesen gebe es zahlreiche islamistische, salafistische Moscheen in Deutschland. "Sie bilden ein Vorfeld der Radikalisierung. Das ist gefährlich. Deshalb haben wir eine Vielzahl unter Beobachtung genommen", sagte Maaßen. "In Deutschland ist es so, dass die arabischsprachige Moscheenlandschaft nicht organisiert ist. Von staatlicher Seite besteht da relativ wenig Einflussmöglichkeit."

Der Präsident des Bundesamts für Verfassungsschutz, Hans-Georg Maaßen (Foto: dpa)
Der Präsident des Bundesamts für Verfassungsschutz, Hans-Georg MaaßenBild: picture-alliance/dpa/K.Nietfeld

Mit Blick auf die jüngsten Anschläge in Bayern sagte Maaßen, es habe auch schon vor Ansbach und Würzburg islamistisch motivierte Attacken in Deutschland gegeben - auf einen Bundespolizisten in Hannover und einen Sikh-Tempel in Essen. "Die Lehre daraus ist: Wir dürfen uns nicht nur konzentrieren auf den IS, der möglicherweise Terrorkommandos nach Europa schickt, wie in Paris oder Brüssel. Sondern es können auch Einzeltäter sein, die sich selbst radikalisieren oder Aufträge erhalten."

Wer chattet mit wem?

Allerdings sei es deutlich schwieriger, solche Einzelpersonen aufzuspüren. "Da brauchen wir die Gesellschaft, die auf Veränderungen achtet, wenn Personen auffallen - zum Beispiel wenn sie auf ihrem Smartphone als Bildschirmhintergrund eine IS-Fahne haben."

Eine Schwierigkeit liege auch darin, die Kommunikation von Islamisten zu überwachen. "Das grundlegende Problem ist: Wir wissen nicht, wer miteinander chattet", sagte Maaßen. Es gebe hohe rechtliche Hürden dafür, eine Kommunikation in Echtzeit mitzulesen oder mitzuhören. Bei verschlüsselten Inhalten sei noch dazu die Dechiffrierung ein großes Problem. Eine weitere Schwierigkeit liege darin, dass viele Provider im Ausland ihren Sitz hätten. "In der guten alten Zeit konnte man einfach zur Deutschen Bundespost gehen, und die hat die Daten sofort geliefert. Wenn ein Provider in den USA oder Russland sitzt, dann dauert das entweder ein paar Tage oder sogar Monate."

stu/SC (dpa, kna)