Jetzt einfach die Nerven behalten...
19. April 2017Es gab schon bessere Zeiten für die Grünen. "Wenig erfreulich", nennt denn auch Konstantin von Notz, Bundestagsabgeordneter aus Schleswig-Holstein, die Umfrage, die die Umweltschutzpartei am Mittwoch bei nur noch sechs Prozent bundesweit sieht. Es ist eigentlich nur eine von vielen schlechten Nachrichten in den letzten Monaten.
Probleme, wohin man sieht
Ende März flog die Partei bei der Landtagswahl im Saarland aus dem Landtag - nach 13 Jahren. Im Januar kürten sie in einem aufwändigen Mitgliederentscheid auf Bundesebene ihre Spitzenkandidaten. Es siegten: Bundestagsfraktionschefin Katrin Göring-Eckardt, die keine Gegenkandidatin hatte. Und Cem Özdemir, der Parteichef, der sich nur hauchdünn gegen seine Konkurrenz durchsetzen konnte. Altbekannte Gesichter, profiliert und versiert. Aber ein Aufbruchssignal war das nicht. Und die Themenlage? National wie international: Terror, Trump, Flucht, Syrien, Russland. Alles Themen, bei denen die Grünen zwar viel zu sagen haben, aber bei denen die Menschen anderen Parteien mehr Lösungskompetenz zusprechen. Dass Parteichef Özdemir als meinungsstarker Gegner des türkischen Präsidenten Erdogan auftritt, hat den Grünen bislang auch noch nicht viel genutzt. Und dann ist da ja auch noch Martin Schulz, der beliebte Kanzlerkandidat der SPD, der viele rot-grüne Wechselwähler von den Grünen weg auf seine Seite zieht.
Nouripour: "Stimmung ist gut."
Omid Nouripour, deutsch-iranischer Bundestagsabgeordneter aus Hessen, ist gerade in Nordrhein-Westfalen. Im Wahlkampf. Am 14. Mai, in etwas mehr als drei Wochen, werden die Menschen im bevölkerungsreichsten Bundesland zu den Wahl-Urnen gerufen. Noch regieren hier SPD und Grüne zusammen. Den Umfragen nach wird es dafür nicht mehr reichen. Auch hier gibt es Umfragen, die die Grünen bei sechs Prozent sehen - nach über 12 Prozent bei der letzten Wahl. Nouripour bleibt dennoch zuversichtlich: "Ich kann nichts erkennen von einer schlechten Stimmung, wir sind im Wahlkampf voll da und ziehen alle mit", sagt er der DW. Überhaupt: Er traut den Umfragen nicht mehr. Und der Bundestrend? "Wir haben bis zur Bundestagswahl im September noch fünf Monate. Zwei Landtagswahlen kommen noch, hier im Westen und in Schleswig-Holstein." Nur nicht bange machen lassen.
Von Notz: "Unsere Themen sind richtig."
"Wir bleiben jetzt einfach mal mit beiden Beinen auf dem Teppich", sagt auch Konstantin von Notz, grüner Innenexperte aus Mölln in Schleswig-Holstein. Am 7. Mai wird dort gewählt. Auch hier regieren die Grünen an der Seite der SPD und mit der dänischen Minderheitspartei SSW. Von Notz zur DW: "Ehrlich: Es gab schon schwierigere Wahlkämpfe als den hier. Die Menschen scheinen mir zufrieden mit der Landesregierung, der wir ja angehören." Und die Bundesebene? "Wir haben schon noch die richtigen Themen", meint von Notz. "Die Menschen wollen, dass wir uns um den Klimaschutz kümmern, um die Umwelt, die Agrarwende. Und um den Rechtsstaat." Von Notz ist Jurist und hat sich im Untersuchungsausschuss des Bundestages zu den Machenschaften des US-Geheimdienstes NSA und des deutschen Bundesnachrichtendienstes (BND) einen Namen gemacht. Wichtig findet er etwas, das den Grünen in der Vergangenheit nicht immer gelungen ist: "Wir brauchen Geschlossenheit!" Eine wichtige Zielrichtung müsse sein, auf die Gefahren einer erneuten großen Koalition von Union und SPD in Berlin hinzuweisen. Diese Koalition drohe zwangläufig, wenn die Grünen schwach abschnitten.
Offene Koalitionsfrage
Auch das hat viele grüne Anhänger zuletzt eher ratlos gemacht: Die Frage, mit wem die Grünen denn regieren wollen, um eine große Koalition zu verhindern. Mit der CDU von Angela Merkel? Oder doch mit SPD und Linken? Die Grünen halten sich beide Optionen offen. Noch so ein Dauerproblem. Es wird ein schwieriges Wahljahr für die Grünen - bei allem Optimismus.