Kämpfe in Aleppo zwingen Syrer in die Flucht
5. Februar 2016Schwere Gefechte beim Vormarsch der Regierungstruppen in Nordsyrien zwingen Zehntausende Bewohner der Region rund um die Großstadt Aleppo zur Flucht in Richtung Türkei.
Bis zu 30.000 syrische Flüchtlinge harren nahe der geschlossenen Grenze am Übergang Bab al Salam sowie in der Stadt Asas nur wenige Kilometer vom türkischen Staatsgebiet entfernt aus, wie das UN-Büro für Nothilfekoordinierung (OCHA) mitteilte. Ob, und wenn ja wann, die Menschen in die Türkei hineingelassen werden, ist gegenwärtig unklar.
Sicher ist auf jeden Fall: Die türkische Regierung rechnet mit bis zu 70.000 Flüchtlingen aus der Region um Aleppo, Menschenrechtler setzen die Zahl etwas niedriger an. Sie gehen von etwa 40.000 Vertriebenen in der Provinz aus. Die Türkei hat mit 2,5 Millionen Menschen die meisten Menschen aus dem Bürgerkriegsland aufgenommen.
Assad-Truppen sind auf dem Vormarsch
Die Truppen von Syriens Machthaber Baschar al-Assad hatten zuletzt die wichtigste Nachschubroute der Rebellen aus der Türkei gekappt und auch den Belagerungsring um zwei Dörfer der Regimeanhänger nach drei Jahren durchbrochen. Während das Regime von Assad den Westen Aleppos kontrolliert, beherrschen Rebellengruppen zumindest bislang noch den Osten und den Süden des Stadtgebietes. Mit der Offensive der Regierungseinheiten läuft das letzte große Stadtzentrum in Rebellenhand jetzt aber Gefahr, eingekesselt und zurückerobert zu werden. Dabei werden die syrischen Truppen von Russland unterstützt. Russische Kampfflugzeuge hatten gerade in den vergangenen Tagen ihre Angriffe massiv verstärkt.
Die Bundesregierung appellierte an Russland, seiner Verantwortung bei der Lösung des Syrien-Konflikts gerecht zu werden. Regierungssprecher Steffen Seibert sagte, die Staaten, die für die Angriffe auf die Metropole Aleppo verantwortlich seien, "scheinen ein Scheitern der Bemühungen um eine politische Lösung in Kauf zu nehmen".
Erdogan und Kerry kritisieren Russland scharf
Auch NATO-Generalsekretär Jens Stoltenberg warf Russland vor, den Konflikt mit seinen Bombardements gegen Rebellen nur anzuheizen, statt zu entschärfen. Deutlich härtere Töne schlug der türkische Präsident Recep Tayyip Erdogan an. Er warf Russland vor, zusammen mit der syrischen Regierung für den Tod von 400.000 Menschen in dem Bürgerkriegsland verantwortlich zu sein. Dafür müsse die Regierung in Moskau zur Rechenschaft gezogen werden, zitiert die Nachrichtenagentur Dogan den Staatschef.
US-Außenminister John Kerry warf Russland ebenfalls vor, bei seinen Luftangriffen in Syrien zahlreiche Zivilisten zu töten. Durch die russischen Angriffe würden Zivilisten "in großer Zahl" getötet, darunter auch Frauen und Kinder, sagte Kerry. Er warf Russland vor, auch Krankenhäuser und Rettungskräfte anzugreifen. "Das muss aufhören", so Kerry.
Moskau wies die Schuldzuweisungen zurück. Russland setze sich für eine friedliche Lösung des Konflikts ein, helfe der syrischen Regierung aber im Kampf gegen den Terrorismus, sagte Kremlsprecher Dmitri Peskow. Die russische Luftwaffe unterstützt seit Ende September die Offensive der syrischen Regierungstruppen mit Raketen- und Bombenangriffen.
haz/ ago (rtr, dpa, afp)