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Kampfansage an "Steueroasen"

10. März 2009

Die Bundesregierung schärft ihre Waffen gegen Steuerhinterzieher. Privatleute und Unternehmen, die zu Steueroasen Geschäftsbeziehungen unterhalten, müssen dem Fiskus künftig umfassend Auskunft erteilen.

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Symbolbild Steuererklärung (Foto: dpa)
Bild: picture-alliance/ dpa

Wer nicht mit den Behörden kooperiert, muss damit rechnen, dass ihm Steuervorteile in Deutschland künftig gestrichen werden. Das geht aus dem am Montag (09.03.2009) in Berlin bekanntgewordenen Gesetzentwurf von Finanzminister Peer Steinbrück (SPD) hervor.

Der Gesetzentwurf, der auch vom Bundesrat abgesegnet werden muss, soll an diesem Mittwoch im Kabinett erörtert werden. Danach können per Verordnung in bestimmten Fällen die steuerliche Absetzbarkeit von Betriebsausgaben, eine Entlastung von der Kapitalertragssteuer oder eine Steuerbefreiung für Dividenden gestrichen werden. Deutsche Privatleute und Firmen, die mit Steueroasen Geschäfte tätigen, könnten dann verpflichtet werden, dem Finanzamt Informationen über ihre Finanzanlagen zu geben. Wer nicht kooperiere, müsse mit Sanktionen der Finanzämter rechnen.

Kooperation gefragt

Peer Steinbrück (Foto: AP)
Peer Steinbrück will Schlupfwinkel für Steuerflüchtlinge stopfenBild: AP

Je mehr ein Staat bei der Aufklärung von Steuerfragen kooperiert, desto geringer die Mitwirkungspflicht - und umgekehrt. Ausgedehnt werden sollen auch Prüfungsrechte der Behörden. Allerdings wurde der ursprüngliche Gesetzestext nach Widerstand aus der Union und von Steuerrechtsexperten etwas abgemildert. CDU/CSU sowie unionsgeführte Bundesländer hatten moniert, dass jeder Geschäftsverkehr etwa mit der Schweiz, Österreich und Luxemburg erfasst und wegen der Vorgaben des ersten Referentenentwurfes blockiert werden könnte. Eine Firma mit Zweigbetrieb in der Schweiz könnte dort entstehende Kosten unter Umständen nicht mehr in Deutschland steuerlich geltend machen.

"Die vorgesehenen Maßnahmen sind geeignet, Steuermindereinnahmen (...) zu vermeiden", heißt es in dem Gesetzentwurf weiter. Genaue Angaben zu den finanziellen Auswirkungen wurden nicht gemacht. Betroffen sei "ein erhebliches, nicht genauer quantifizierbares Steuerausfallvolumen". Nach Angaben der Organisation für Wirtschaftliche Zusammenarbeit und Zusammenarbeit (OECD) sind weltweit neun Billionen Euro an Vermögen in Steueroasen geparkt. In Deutschland gehen nach Schätzungen etwa 50 Milliarden Euro durch Steuerhinterziehung verloren.

Rückendeckung aus Paris und London

Christine Lagarde mit erhobenem Daumen (Foto: AP)
Klares Ziel: Die französiche Finanzministerin Christine Lagarde will Steuerparadiese ächtenBild: AP

Unterstützung erhält die Bundesregierung aus den großen wirtschaftsstarken EU-Ländern Großbritannien und Frankreich. So wollen Paris und Berlin den Grundsatz umsetzen, dass kein Finanzmarktakteur, kein Finanzmarktprodukt und kein Finanzmarkt mehr unbeaufsichtigt sein darf. Das erkärte Bundesfinanzminister Steinbrück nach einem Treffen mit seiner französischen Kollegin Christine Lagarde in der vergangenen Woche. Steuerparadiese sollen international geächtet werden. Beide Regierungen wollen sich dafür einsetzen, dass die Mitglieder der Gruppe der führenden Industrie- und Schwellenländer (G20) bilaterale Abkommen zu diesen Ländern aufkündigen.

Ähnlich besorgt und zugleich entschlossen äußerte sich der britische Premierminister Gordon Brown. So forderte er jüngst in einer Rede vor dem US-Kongress in Washington die Staatengemeinschaft auf, gemeinsam Steueroasen zu bekämpfen. Die Finanzinstitute seinen inzwischen so vernetzt, dass eine "schlechte Bank die guten Banken" überall auf der Welt bedrohe. Die europäischen Mitglieder der G20-Gruppe hatten sich im Februar in bisher kaum gekannter Deutlichkeit gegen Staaten ausgesprochen, die beim Kampf gegen Steuerbetrug und -hinterziehung nicht kooperieren. Die Staats- und Regierungschefs der G-20 werden sich am 2. April bei einem Gipfeltreffen in London des heiklen Themas annehmen.

"Wir sind keine Steueroasen"

Hans-Rudolf Merz an einem Rednerpult (Foto: dpa)
Signalisiert Gesprächsbereitschaft: der Schweizerische Finanzminister Hans-Rudolf MerzBild: picture-alliance/ dpa

In Europa wären Belgien, Luxemburg, Österreich und die Schweiz von den Plänen betroffen. Alle vier Länder wollen um ihr Bankgeheimnis kämpfen und in der Debatte um Steuerparadiese künftig mit einer Stimme sprechen. Der Schutz von Bankdaten sei "weder Ursache noch Lösung der internationalen Finanzkrise", sagte der luxemburgische Budgetminister Luc Frieden bei einem Treffen mit seinen Amtskollegen aus Wien und Bern am Sonntag in Luxemburg. "Unsere drei Länder sind keine Steuerparadiese oder Steueroasen", fügte Frieden hinzu. Die Minister forderten, an internationalen Gesprächen über die Aufstellung von Schwarzen Listen teilnehmen zu können. "Man kann nicht über die Köpfe der betroffenen Länder hinweg Entscheidungen treffen, die von einer solchen Tragweite sind", kritisierte der österreichische Finanzminister Josef Pröll. Auch der Schweizerische Ressortchef und Bundespräsident Hans-Rudolf Merz sprach sich für einen Dialog aller Beteiligten aus und betonte: "Die Schweiz ist kein Steuerparadies. Sie kooperiert."

Ohne Einzelheiten zu nennen, steckte Merz andeutungsweise den Verhandlungsrahmen ab. Die Schweiz werde keine Vereinbarung unterzeichnen, mit der die Banken verpflichtet würden, Zins- und Dividendenzahlungen an ausländische Kunden von sich aus dem zuständigen ausländischen Finanzamt zu melden. Unter Experten heißt das "automatischer Informationsaustausch" und ist ein Mechanismus, den die meisten EU-Länder mit Ausnahme Luxemburgs und Österreichs untereinander eingeführt haben.

Möglich sei aber eine Ausdehnung des seit einigen Jahren gültigen Zinsbesteuerungsabkommens mit der EU, deutete Merz an. Dabei ziehen die Schweizer Banken von Zinszahlungen an EU-Bürger einen bestimmten Prozentsatz als Zinssteuer ab und überweisen den einbehaltenen Betrag summarisch an die jeweiligen EU-Staaten, ohne die Namen der betroffenen Kunden zu nennen. Dieses Abkommen könnte auch auf juristische Personen und auf Dividenden ausgedehnt werden, bot Merz an. Bei der Erweiterung der Amtshilfe geht es um die in der Schweiz gültige Unterscheidung zwischen Steuerhinterziehung und Steuerbetrug. Die Schweiz leistet nur bei Steuerbetrug Amts- und Rechtshilfe für ausländische Behörden. Diese Praxis könnte man modifizieren, indem der Tatbestand des Betruges ausgeweitet werde, ließ der Schweizerische Bundespräsident erkennen. (fg)