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Zukunft der Kindersoldaten

Bernd Riegert31. Oktober 2006

Der künftige Präsident des Kongo wird sich auch mit der Wiedereingliederung der Kindersoldaten in die Gesellschaft befassen müssen. Mindestens 30.000 Kinder sind betroffen. Die Regierung hat ihnen bisher nicht geholfen.

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Kindersoldaten mit Maschinengewehren
Ungewisse Zukunft für Zehntausende von Kindersoldaten im KongoBild: AP

Seit zwei Jahren läuft ein Wiedereingliederungsprogramm der Regierung für ehemalige Soldaten, aber immer noch sind 11.000 Kinder im Kongo unter Waffen. Für das Schicksal der Kindersoldaten dürften die Präsidentschafts-Wahlen keine große Änderung bringen. "Von den Kandidaten hatte niemand etwas darüber in seinem Programm", sagt Murhabazi Namegabe. Er leitet im Kongo die Hilfsorganisation, die sich für die Wiedereingliederung der Kindersoldaten in die Gesellschaft einsetzt. Das Desinteresse der Politiker hat einen Grund, sagt er: "Alle Gruppen der Armee, alle Milizen haben Kinder rekrutiert und benutzt."

Diese Gruppen, die heute das politische Leben im Kongo bestimmen, wollen mit der international geächteten Kinderrekrutierung nichts zu tun haben. Schlimmer noch: In einigen Provinzen, vor allem im Osten des Kongo, werden sogar neue Kindersoldaten zum Brandschatzen, Vergewaltigen und Töten gezwungen, sagt Veronique Aubert von Amnesty International. Sie wirft der Regierung im Kongo vor, die Sorge für demobilisierte Kindersoldaten zu vernachlässigen: "Es wird nicht genug getan. Die zuständige Regierungsagentur ist extrem langsam bei der Genehmigung von Projekten zur Wiedereingliederung. Das führt dazu, dass die Kinder in ihren Dörfern nicht in die Schule gehen oder nichts verdienen und Gefahr laufen, erneut rekrutiert zu werden und beim Militär zu landen."

Wird das Interesse nach den Wahlen nachlassen?

160 Millionen Euro hat die internationale Staatengemeinschaft für die Wiedereingliederung der Kinder bereit gestellt. Weil sich die Regierung in Kinshasa nicht kümmert und weder Verwaltung noch Justiz noch Gesundheitswesen im Kongo funktionieren, kann das Geld vom Kinderhilfswerk der Vereinten Nationen (UNICEF) und anderen Organisationen gar nicht ausgegeben werden. Veronique Aubert befürchtet, dass das Interesse der Europäischen Union und anderer Staaten an der Lage im Kongo nach den Wahlen rapide nachlassen wird.

Die Probleme aber blieben. Die EU müsse weiter Druck machen, forderte die Vertreterin von Amnesty international in Brüssel. Ungeklärt sei zum Beispiel das Schicksal von 14.000 Mädchen, die als Sexsklavinnen von Militärs und Milizen ausgebeutet wurden und werden: "Wo sind die 14.000 Mädchen geblieben? Wo sind sie? Wer sucht sie? Das ist ein Apell, den wir an die Weltbank, die Agenturen und internationalen Institutionen richten. Dies ist dringend", sagt Aubert.

Kindersoldaten werden Milizengruppen lästig

Inzwischen werden die Kindersoldaten einigen ehemaligen Milizengruppen, die am Entwaffungsprogramm teilnehmen, einfach lästig. Sie setzen sie kurzerhand irgendwo aus, berichtet Murhabazi Namegabe von der kongolesischen Hilfsorganisation "Stop the Use of Child Soldiers": "Immer mehr Brigaden gehen dazu über, die Kinder einfach in ihren Dörfern zurück zu lassen. Sie werden mit Versprechen abgespeist und sich selbst überlassen. So haben sie keine Chance, an offiziellen Programmen teilzunehmen."

Höchst bedenklich finden UNICEF und Amnesty International auch, dass die Militärführung in der Hauptstadt Kinshasa, die für den Einsatz für Kindersoldaten mitverantwortlich ist, nicht ausgetauscht wurde. Nur eine einzige Anklage wegen Kriegsverbrechen ist vor dem Internationalen Strafgerichtshof in Den Haag anhängig.

Sehnsucht nach Schulunterricht

Langfristig könne die Lösung nur sein, das Schulsystem im Kongo wieder aufzubauen, fordert Veronique Aubert von Amnesty International. Nur ein Drittel aller Kinder gehen im Kongo heute zur Schule, nichts wünschen sich die ehemaligen traumatisierten Kindersoldaten aber sehnlicher: "Wenn man mit ihnen über die Gräuel spricht und fragt, was wollt ihr jetzt machen, dann antworten sie: Wir wollen zur Schule gehen. Das war ihnen oft versprochen worden, als sie zum Militär gingen. Bildung sehen sie als ihre einzige Chance aus der Armut heraus zu kommen."

Der Kongo ist kein Einzelfall. Das Kinderhilfswerk der Vereinten Nationen schätzt, dass weltweit 250.000 bis 300.000 Kinder in einer Armee oder Milizengruppe dienen müssen. Elfenbeinküste, Sudan und Liberia sind neben der Region der Großen Seen die Länder mit den meisten Kindersoldaten. Aber auch in Südamerika gibt es Kindersoldaten. Etwa ein Viertel aller Milizen in Kolumbien ist unter 18 Jahren alt, schätzt UNICEF.