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Politik

Kirchen kritisieren Waffenexporte

Nina Werkhäuser
17. Dezember 2018

Eigentlich wollte die Bundesregierung die Regeln für Rüstungsausfuhren zügig verschärfen. Doch geschehen sei nichts, kritisieren die beiden großen christlichen Kirchen in ihrem Rüstungsexportbericht 2018.

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Deutsche Rüstungsexporte Waffenmesse IWA 2009 - Gewehr Heckler und Koch
Bild: picture-alliance/dpa/D. Karmann

Den Begriff "Wortbruch" nehmen sie nicht in den Mund, die Vertreter der evangelischen und der katholischen Kirche, die gemeinsam mit einem Rüstungsexperten wenige Tage vor Weihnachten in der Bundespressekonferenz auftreten. Aber eigentlich meinen sie genau das: Der Ankündigung der Bundesregierung, die Regeln für die Rüstungsexporte noch in diesem Jahr zu verschärfen, seien bisher keine Taten gefolgt. Ein Dreiviertel Jahr nach dem Antritt der neuen Regierung sei die Bilanz "ernüchternd". 

"Bruch des Völkerrechts"

Schwarz auf Weiß steht es im Koalitionsvertrag, den CDU/CSU und SPD im März beschlossen haben: "Wir schärfen noch im Jahr 2018 die Rüstungsexportrichtlinien aus dem Jahr 2000." Doch davon sei nun keine Rede mehr, moniert die GKKE, die "Gemeinsame Konferenz Kirche und Entwicklung", die die Praxis der deutschen Rüstungsexporte in einem jährlich erscheinenden Bericht kritisch beleuchtet. 

Ganz im Gegenteil: Bis vor kurzem noch seien deutsche Rüstungsgüter an Saudi-Arabien geliefert worden, obwohl das Land am Jemen-Krieg beteiligt ist. Darunter Patrouillenboote des deutschen Herstellers Lürssen, die möglicherweise zur Blockade jemenitischer Häfen eingesetzt wurden. Damit habe die Bundesregierung zur humanitären Katastrophe im Jemen beigetragen, kritisierte Prälat Karl Jüsten, der katholische Vorsitzende der GKKE. "Mehr noch: Sie fördert den Bruch des Völkerrechts."

Deutschland Rüstungsexportbericht der GKKE
Prälat Martin Dutzmann, Max Mutschler vom BICC in Bonn und Prälat Karl Jüsten (von links nach rechts) Bild: picture-alliance/dpa/M. Kappeler

Bei ihrem Amtsantritt im März hatte die neue Bundesregierung aus CDU/CSU und SPD versprochen, "ab sofort keine Ausfuhren an Länder genehmigen, solange diese unmittelbar am Jemen-Krieg beteiligt". Allerdings hatte sie eine Ausnahme-Klausel hinzugefügt: Das gelte nicht für bereits genehmigte Lieferungen, sofern diese im Empfängerland verblieben. Mit dieser Klausel habe die Regierung ihre Ankündigungen für eine striktere Exportkontrolle "entwertet".

"Alle Genehmigungen widerrufen" 

Insgesamt wurden in den ersten neun Monaten des Jahres 2018 Exporte im Wert von mehr als 400 Millionen Euro an Saudi-Arabien genehmigt, neben den Patrouillenbooten auch ein Radarsystem zur Ortung gegnerischer Artillerie. Erst nach dem Mord am Journalisten Jamal Khashoggi im saudischen Konsulat in Istanbul stoppte die Regierung aus CDU/CSU und SPD weitere Lieferungen - dem Vernehmen nach aber nur für zwei Monate.

Das reicht den Kirchen nicht aus: Die Bundesregierung müsse "alle bereits erteilten Genehmigungen an die Staaten der Kriegs-Koalition im Jemen sofort widerrufen". Mit einem kurzfristigen Stopp der Exporte sei es nicht getan, betonte Jüsten. Schließlich habe die Bundesregierung schon vor dem Mord an Khashoggi gewusst, "mit wem sie es in Saudi-Arabien zu tun hat".

Türkei Protest Journalist Jamal Khashoggi
Erst nach der Ermordung Khashoggis stoppte die Bundesregierung alle Waffenlieferungen nach Saudi-Arabien Bild: picture-alliance/AA/M. E. Yildirim

Höchst kritisch bewertet die GKKE auch die Geschäftspraxis von Rheinmetall, der größten deutschen Rüstungsfirma. Diese habe Unternehmen im Ausland aufgekauft und Joint Ventures gegründet. Über diese habe sie "Tausende Bomben der MK80-Serie" an die Vereinigten Arabischen Emirate und Saudi-Arabien verkauft, kritisierte Prälat Martin Dutzmann, der evangelische Vorsitzende der GKKE. Nichtregierungsorganisationen zufolge seien solche Fliegerbomben im Jemen-Krieg auch gegen zivile Ziele eingesetzt worden. Rheinmetall, so der Appell der GKKE, dürfe keine Geschäfte mehr mit den Ländern der Kriegskoalition im Jemen machen.

Auch in Krisengebiete wird geliefert

Genauer unter die Lupe genommen hat die GKKE die Exporte deutscher Waffenschmieden in Länder, die nicht der Europäischen Union oder der NATO angehören. Die Genehmigungen für Exporte in diese sogenannten "Drittstaaten" will die Bundesregierung nach eigenem Bekunden zurückfahren. Im ersten Halbjahr 2018 gingen allerdings noch 60 Prozent aller deutschen Rüstungsexporte in Drittstaaten.

Nach Luftangriff auf Sanaa
Menschen suchen in Jemens Hauptstadt Sanaa nach Überlebenden eines saudi-arabischen LuftangriffsBild: picture-alliance/dpa/H. Al-Ansi

Rüstungsexperte Max Mutschler vom BICC ("Bonn International Center für Conversion") hält das für falsch: 2017 hätten deutsche Firmen Waffen "an 52 Staaten genehmigt, deren Menschenrechtssituation als sehr schlecht eingestuft wird", zitiert er eine Berechnung des BICC. In mehr als zwei Dutzend Ländern hätten gewaltsame Konflikte geherrscht.

Ein Rüstungsexportgesetz?

Aus ihren Beobachtungen zieht die GKKE das Fazit, dass die deutsche Rüstungsexportpolitik keinesfalls restriktiv sei, auch wenn die  Bundesregierung dies stets behaupte. Ändern könnte das ein Rüstungsexportgesetz, das strengere Regeln klipp und klar vorschreibe. Dafür allerdings gäbe es derzeit keine Mehrheit im Bundestag. Auch ohne ein solches Gesetz sei es leicht möglich, Rüstungsexporte in problematische Länder zu untersagen, argumentiert Mutschler: Das sei einzig und allein eine Frage des politischen Willens.      

 

Nina Werkhäuser Reporterin