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Politik

Klima: EU nimmt letzte Ratifizierungshürde

4. Oktober 2016

Das Europaparlament hat seinen Segen zum Pariser Klimaschutzabkommen gegeben. Damit kann es noch Ende des Jahres in Kraft treten. Danach beginnt der schwierige Teil. Von Max Hofmann in Straßburg.

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Deutschland Jacobsdorf Windpark
Bild: picture-alliance/dpa/P. Pleul

Am Schluss standen fast alle Parlamentarier auf, Applaus donnerte durch den Plenarsaal des europäischen Parlaments. Fraktionsübergreifend würdigten die Politiker den letzten Auftritt von UNO-Generalsekretär Ban Ki Moon in Straßburg. Ende des Jahres ist seine zehnjährige Amtszeit zuende. Ein schöner Termin für ihn, denn das Abkommen nimmt mit der Ratifizierung durch das Parlament seine letzte verbleibende Hürde. Die unterzeichnenden Länder sind nun für mehr als 55 Prozent der globalen Treibhausgase verantwortlich. Das Abkommen kann also schon im November bei der Klimakonferenz in Marrakesch in Kraft treten. Für die EU fängt der Kampf gegen den Klimawandel damit erst richtig an.

Die Klimaschutzvereinbarung von Paris zu ratifizieren ist eine Sache, sie umzusetzen eine ganz andere. "Die EU muss viel ambitionierter werden", meint Jens Mattias Clausen von Greenpeace, sonst könne man das vergessen mit der Begrenzung der Erderwärmung auf zwei Prozent. Neben der Würdigung der "langen und stolzen Geschichte der EU im Kampf gegen den Klimawandel" durch den UNO-Generalsekretär war das auch die Hauptbotschaft aus Straßburg. "Wir müssen jetzt handeln und die Zusagen umsetzen", meinte zum Beispiel Manfred Weber, Chef der konservativen EVP-Fraktion. Denn die EU, einstmals Vorreiter beim Kampf gegen den Klimawandel, ist ins Hintertreffen geraten. Nicht nur bei der Ratifizierung sind andere Regionen und Länder mittlerweile schneller und tatkräftiger.

Was muss also konkret passieren, damit die Europäer wieder ihre frühere Rolle zurückerobern? Aktivisten und Politiker in Straßburg fordern vor allem drei Punkte:

Polen Kraftwerk Belchatow Archiv 2011
Polnisches Kohlekraftwerk: Warschau setzt weiterhin auf KohleBild: Darek Redos/AFP/Getty Images

1. Weg von der Kohle

Die Polen ließen sich nach langer Überredung zwar breitschlagen, beim Abkommen mitzuziehen. Aber bei der Umsetzung wirklich die heilige heimische Kohle zu opfern, scheint politisch schwierig. Ein typisch europäischer Kompromiss mit fehlender Durchschlagskraft könnte die Folge sein, fürchten viele. Das wäre wohl ein Killer für den geforderten "viel ambitionierteren" Kampf gegen den Klimawandel, den Umweltaktivist Clausen fordert. Und solange auch Deutschland an der Kohle festhält, wird es ärmeren Ländern wie Polen schwer zu vermitteln sein, diese Industrie einfach aufzugeben. Auch deshalb nennt Clausen diese Herausforderung "die größte die wir haben".

2. Mehr Investitionen in erneuerbare Energien

Der frühere Spitzenreiter und Wegbereiter EU schaut mittlerweile China und anderen dabei zu, wie sie ihre Investitionen in die erneuerbaren Energien dramatisch steigern. "China hat mehr neue Installationen, Indien größere politische Ambitionen, und die USA sind besser in vielen technischen Bereichen", schreibt Giles Dickson von WindEurope. Und Philippe Lamberts von den Grünen sagt gegenüber der DW: "Wenn man unsere Situation mit der von 2007 vergleicht, besteht kein Zweifel, dass wir das Tempo im Kampf gegen den Klimawandel verlangsamen." Es reiche nicht, nur die Zusagen der Vergangenheit einzuhalten.

3. Ein kohärenter Plan

Wie üblich, hat jedes EU-Mitglied eigene Ziele und Interessen, auch beim Kampf gegen den Klimawandel. Das war einer der Gründe, warum China und sogar Indien das Abkommen vor der EU ratifizieren konnten. Ban Ki Moon nennt das den "besonderen Entscheidungsprozess der EU". Um tatsächlich zur Begrenzung der globalen Erderwärmung beizutragen, müssten die Europäer aber bedingungslos am gleichen Strang ziehen, meint Jens Mattias Clausen von Greenpeace. "So viele Dinge laufen gerade in die falsche Richtung, und es ist nicht klar, wie die EU hier konsistent sein kann." Der grüne EU-Abgeordnete Lambertz wird konkreter: "Europäische Investitionspläne müssen an klare, bindende Vorgaben zum Einsatz erneuerbarer Energien gebunden sein." Das sei nicht nur gut fürs Klima, sondern auch für die Unabhängigkeit von Ländern wie Russland und Saudi-Arabien, die wirtschaftliche Gesundung des Kontinents und Beschäftigung in der EU.

Erleichterung über die rechtzeitige Ratifizierung, Beschwörung des historischen Moments - unterm Strich bleibt die Stimmung positiv an diesem Tag in Straßburg. Auch wenn fast allen klar zu sein scheint, welche Herausforderung in diesem Bereich nun auf die EU zukommt. Der scheidende UNO-Generalsekretär formuliert es so: "Sie haben die Gelegenheit, Geschichte zu schreiben und die Welt in eine bessere Zukunft zu führen." Mit der Ratifizierung ist der erste Schritt getan. Jetzt muss die EU liefern.