Bayern ist Meister
6. April 2013"FC Bayern - Forever Number One", so heißt die Vereinshymne des deutschen Rekordmeisters. Dieses musikalisch durchaus diskutable Musikstück drückt das Selbstverständnis des Vereins aus München präzise aus: "Mia san mia", wir sind wir, und wo wir sind, da ist oben! Wie sehr muss es da die Bayern-Profis, die Trainer, die Funktionäre und auch die Fans gewurmt haben, als man die letzten beiden Jahre ganz ohne Titel da stand. 2012 sogar der gefühlte Super-GAU mit Platz zwei in der Meisterschaft, der Final-Schmach gegen Borussia Dortmund im Pokal und dem vergeigten Champions League-Endspiel im eigenen Stadion gegen den FC Chelsea. Keine Frage, der FC Bayern war gedemütigt worden.
Das konnte Uli Hoeneß als mächtiger und ehrgeiziger Club-Präsident nicht auf sich sitzen lassen. Also wurde personell aufgerüstet: der farblose und wenig inspirierende Christian Nerlinger musste seinen Platz als Sportdirektor für den profilierten und positiv nie zufriedenen Matthias Sammer räumen, Dante erwies sich als famose Verstärkung für die Abwehr, Javi Martínez, der 40-Millionen-Mann aus Bilbao, ist gleichzeitig Abräumer wie Stratege im Mittelfeld und Mario Mandzukic trifft vorne scheinbar nach belieben. Hoeneß' Weichenstellungen waren richtig und entscheidend: Die Neuen wurden zu festen Säulen im Gesamtkunstwerk FC Bayern München.
Das Erfolgsrezept: breite Bank, hohe Ansprüche
Ein weiterer Schlüssel zum Titelgewinn ist die Fokussierung des gesamten Personals auf den Erfolg. Zu jeder Phase der Saison - mit Ausnahme der einzigen Saisonniederlage gegen Leverkusen - war der bayerische Siegeswille schier mit Händen zu greifen. Der Kader ist breiter, ausgeglichener geworden im Gegensatz zum letzten Jahr. Längst ist man in München nicht mehr von einem Franck Ribéry allein abhängig. Jede Position ist mindestens doppelt besetzt - ein wesentlicher Unterschied zur nationalen Konkurrenz. Droht Schlendrian einzukehren, steht der nächste Kandidat von der Bayernbank parat. Und die Ansprüche an sich selbst sind enorm: Ein Sieg mit nur einem Tor Unterschied wird von Uli Hoeneß schon mal als "Dreck" bezeichnet.
Trainer Jupp Heynckes versteht es, mit seiner Rotation die mentale und körperliche Frische der Spieler zu erhalten und auch diejenigen zu motivieren, die seltener zum Einsatz kommen. In seiner vielleicht letzten Saison auf der Bank eines Bundesligisten könnte ihm in diesem Jahr sogar das Triple aus Meisterschaft, Pokal und Champions League gelingen - es wäre der endgültige Ritterschlag für Heynckes und zugleich eine enorme Bürde für Nachfolger Pep Guardiola.
Die Schattenseiten der Bayern-Hegemonie
Dass die 23. Meisterschaft in der Bayern-Vereinsgeschichte schon seit diesem 28. Spieltag feststeht, so früh wie noch nie zuvor in 50 Jahren Bundesliga, spricht für die akribische Arbeit ein München - und gegen die Bundesliga.
Darf es sein, dass Borussia Dortmund als Titelgewinner der Jahre 2011 und 2012, als Double-Sieger, als Champions League-Überraschungsteam, so früh aufsteckt? Keine Kampfansagen aus Dortmund in Richtung München waren zu vernehmen, wenig Gegenwehr. Die spielerischen wie inzwischen auch die finanziellen Mittel sollten doch da sein. Und auch der Rest der Liga setzte die Bayern nicht unter Druck: Bayer Leverkusen scheint schon mit Platz drei mehr als zufrieden zu sein und Schalke 04 war wie so oft mehr mit sich selbst beschäftigt. Die Liga und die Bayern, das ist derzeit so wie das Kaninchen vor der Schlange.
Es mag den Münchenern zwar gefallen, die Konkurrenz gedemütigt zu haben, so wie sie sich gedemütigt gefühlt haben mögen in den letzten beiden Jahren, für den deutschen Fußball ist dieses Ungleichgewicht der Kräfte aber ein Alarmsignal. Denn der Fußball funktioniert nur, wenn Spannung garantiert ist, wenn es echte Konkurrenz gibt. "FC Bayern - Forever Number One" ein Schlager bei den Bayern-Fans, für den Rest der Liga eine Horrorvision.