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Das Referendum als Waffe

5. Juli 2015

Die Griechen haben abgestimmt und mehrheitlich gegen die Sparvorgaben von Eurozone und IWF entschieden. Die Regierung versucht aus dem Ergebnis unverdienten Profit zu ziehen, meint Spiros Moskovou.

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Griechenland, Referendum: Freude in Athen - OXI = Nein (Foto: dpa/picture alliance)
Bild: picture-alliance/dpa/K. Nietfeld

Eine Mehrheit der griechischen Wähler hat beim Referendum am Sonntag die jüngsten Spar- und Reformvorschläge der internationalen Gläubiger abgelehnt. Da aber diese Vorschläge seit dem Abbruch der Verhandlungen vor neun Tagen gar nicht mehr vorhanden sind, muss man dieses Ergebnis freier interpretieren.

Die Mehrheit der Bevölkerung lehnt weitere Maßnahmen zur Konsolidierung und Anpassung der griechischen Finanzen an die Regeln der Eurozone ab. Damit stützt sie die Taktik und Politik der Regierung Tsipras. Die populistische Koalitionsregierung in Athen hat nolens volens fünf Monate verhandelt, bis sie vor kurzem den Verhandlungstisch verlassen hat.

Sollte man also der griechischen Demokratie erst einmal Respekt zollen und dann die Drachme wieder einführen? Die Lage ist leider komplizierter. Man konnte am Sonntag überall in Athen Schlangen beobachten, aber nicht vor den Wahllokalen, sondern vor den Geldautomaten. Die Menschen versuchen jeden Abend, schon ab Mitternacht, an das nötige Geld zu kommen. Am Referendum haben nur etwa 60 Prozent der Wähler teilgenommen, obwohl Syriza alle möglichen Reserven mobilisiert hat, sogar die türkische Minderheit in Thrakien. Unzählige Griechen haben von den Politikern ihres Landes die Nase voll und kümmern sich lieber ums Überleben.

Spiros Moskovou, Leiter der griechischen Redaktion der DW (Foto: DW)
Spiros Moskovou, Leiter der griechischen Redaktion der DW

Tsipras schärft die Waffen

Die Regierung Tsipras allerdings feiert das "schallende Nein" und demonstriert gleichzeitig Optimismus. In 48 Stunden wird Athen eine Einigung mit den Geldgebern erzielen, verkündet sie seit Tagen. Sonntagabend wurde es konkreter - die Tsipras-Mannschaft nannte als neue Waffen bei den Verhandlungen: das Ergebnis des Referendums. Und den am Donnerstag bekanntgewordenen Bericht des IWF, nach dem die griechische Staatsschuld nicht tragbar sei und das Land eine Verlängerung der Kredite und einen Schuldenschnitt benötige.

Für den Fall, dass die Geldgeber sich trotzdem nicht beeindrucken lassen, hat man in Athen schon Sonntagabend eine konkrete Maßnahme getroffen: Die Regierung hat das Bargeld, das in Bankfächern deponiert ist und das um die zehn Milliarden Euro geschätzt wird, blockiert. Sie wolle prüfen, ob dieses Geld durch Steuerhinterziehung angehäuft worden ist. Gott hüte das Volk der Griechen vor seinen Politikern!

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Porträt eines Mannes mit schwarz-grau melierten Locken
Spiros Moskovou Redakteur und Autor der DW Programs for Europe