Macron stehe an der Spitze des Lagers, das "Immigration unterstütze" meinte Ungarns Ministerpräsident am Dienstag. Er und der italienische Innenminister seien hingegen diejenigen, die "illegale Immigration beenden wollten". Das ist zwar Unfug, denn auch Frankreich will illegale Migration stoppen und Macron hat sich zum Beispiel durch seine viel kritisierte Haltung gegenüber Migranten in Frankreich ganz und gar nicht als Unterstützer von "Immigration" ausgezeichnet. Aber zumindest sind jetzt die Fronten klar. Damit steht nun das möglicherweise letzte Gefecht um dieses unsere Zeit beherrschende Thema an. Man kann es zumindest nur hoffen.
Härte mit Härte begegnen
Auf der einen Seite stehen also die "Illegale-Immigrations-Beender". Anders ausgedrückt sind das die Rechtspopulisten, die in ihren Ländern an illiberalen Demokratien basteln. Auf der anderen Seite die "Immigrations-Unterstützer" rund um Macron, man könnte auch sagen: die wahren Demokraten Europas. Also diejenigen, die verstanden haben, dass Kompromisse notwendig sind, um die Europäische Union voran zu bringen. Große Klappe hilft vielleicht beim Wählerfang - bei der Lösung von Problemen nützt sie selten.
A propos große Klappe: Dass sich Orban und Salvini als neues Traumduo der rechtspopulistischen Retter des Abendlandes präsentieren, wäre ja an sich schon ein Grund schallend zu lachen, wäre es nicht so traurig. Die beiden eint nämlich nur der kompromisslose, rabaukenhafte und hasserfüllte Stil. In der Sache haben sie hingegen völlig unterschiedliche Vorstellungen. Salvini möchte, dass andere EU-Staaten Migranten aus Italien aufnehmen und ist damit Angela Merkel näher als dem ungarischen Premier. Orban möchte auf gar keinen Fall irgendwelche Migranten aufnehmen und sie stattdessen in ihre Herkunftsländer zurückbringen. Dass dieser Riss irgendwann das neue Bündnis sprengt, darauf spekuliert wohl auch der französische Präsident.
Damit das passiert, muss jemand endlich damit anfangen, die Populisten unter Druck zu setzen. Bisher lässt sich der Rest der EU nämlich von Lega Nord, AfD, Fidesz und anderen vor sich hertreiben. Aus Angst vor deren Erfolg kopieren inzwischen einige altehrwürdige Parteien nun den Stil dieser monothematischen Parteien. Das ist der falsche Weg! Der richtige Kurs ist der, den Macron nun einschlägt: Härte mit Härte begegnen, ohne die eigene Position aufzugeben und ohne sich für pro-europäische Positionen zu entschuldigen. Damit hat der junge Präsident auch schon die rechtspopulistische Widersacherin im eigenen Land, Marine Le Pen, vernichtend geschlagen.
Inkompetenz und Widersprüche aufdecken
Die bisher weitgehend schweigsame Mehrheit der Europäer braucht jemanden, der sich an ihre Spitze stellt. Jemanden, der für jene Werte kämpft, die für Wohlstand und Frieden in der EU gesorgt haben. Jemanden, der sich auch nicht zu schade ist, mit klaren Worten in den Nahkampf zu gehen. Trotz aller Probleme, die ihn derzeit in Frankreich beuteln - dieser Mann ist Emmanuel Macron. "Ich werde den Nationalisten und denen, die diese Hassrede befürworten, kein Stück nachgeben", sagte Macron bei einem Besuch in Dänemark. "Und wenn sie in mir ihren Hauptgegner sehen wollen, dann haben sie recht."
Überzeugungen, die so kraftvoll und angstfrei vorgetragen werden, haben das Potenzial, Menschen zu vereinen und ihnen eine Stimme zu verleihen. Sie haben die Macht, die nur dürftig kaschierten Differenzen zwischen den verschiedenen Populisten offenzulegen und den Europäern zu zeigen, dass Salvini & Co nicht viel zu bieten haben. Vom konstruktiven Regieren haben sie nämlich kaum Ahnung - das zeigen die ersten drei Monate der aktuellen Koalition in Italien. Und wie man Probleme wie Arbeitslosigkeit, Klimawandel und Armut bekämpft, wissen sie auch nicht. Im kommenden Jahr stehen die Europawahlen an. Macron weiß: Die Zukunft der EU hängt davon ab, dass eine Mehrheit der Europäer die Inkompetenz und Widersprüche der Rechtspopulisten klar erkennt. Deshalb ist er bereit zu diesem entscheidenden Gefecht.