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Linke im Abseits

Marcel Fürstenau3. Juni 2012

Mit einer neuen, unerfahrenen Führungsriege wollen die Sozialisten in der deutschen Parteienlandschaft an alte Erfolge anknüpfen. Das kann nur schief gehen, meint Marcel Fürstenau.

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Marcel Fürstenau, DW-Korrespondent in Berlin (Foto: DW)
Marcel Fürstenau, DW-Korrespondent in BerlinBild: DW

Am Ende sangen die Delegierten das Kampflied der sozialistischen Arbeiterbewegung, die Internationale. So endet traditionell jeder linke Parteitag. Es soll ein Zeichen der Geschlossenheit sein, der Zuversicht, des Siegeswillens. So weit die Theorie. Denn praktisch verkörpert die deutsche Linke das glatte Gegenteil: Sie ist zerstritten, pessimistisch und steht auf verlorenem Posten. Der Versuch, durch die Vereinigung von Ost- und Westlinken in ganz Deutschland eine ernstzunehmende Alternative zur Sozialdemokratie zu werden, ist fünf Jahre nach der Parteigründung so gut wie gescheitert.

Die Internationale als Triumphgeheul

Auf dem Parteitag in Göttingen haben sich überwiegend jene Kräfte im Schatten des früheren Parteichefs Oskar Lafontaine durchgesetzt, die im Ernstfall lieber in der Opposition verharren, als in Regierungsverantwortung Kompromisse einzugehen. Weil diese politische Geisteshaltung unter den Delegierten dominierte, scheiterte der Reformer Dietmar Bartsch beim Versuch, einen der beiden Vorsitzendenposten zu ergattern. Die Mehrheit zog es vor, anstelle des stellvertretenden Bundestagsfraktionschefs den sogar in der Partei fast unbekannten Gewerkschaftsfunktionär Bernd Riexinger zu wählen. Seine Anhänger waren so berauscht, dass sie lauthals die Internationale intonierten. Wohlgemerkt: lange vor dem Ende des Parteitags.

Das Kampflied der Arbeiterbewegung als Triumphgeheul, so demütigten die Sieger das unterlegene Lager. Es war ein unwürdiges Schauspiel, das die faktische Spaltung der Linken zementierte. Niemand bekam das schmerzlicher zu spüren als Gregor Gysi. Der Fraktionschef im Bundestag hatte vor der Wahl in einer emotionsgeladenen Rede von Hass und Denunziation in den Reihen der Linken gesprochen. Seine Empfehlung, sich dann besser fair zu trennen, sollte eine Warnung sein. Die Mehrheit war auf diesem Ohr aber taub und zeigte den Pragmatikern kaltschnäuzig die Rote Karte.

Endstation Bundestagswahl 2013?

In der Berliner Parteizentrale bildet nun ein im parteipolitischen Nahkampf unerfahrenes Duo die Spitze. Die 34-jährige Katja Kipping und der 56-jährige Bernd Riexinger müssen ab sofort die Politik der Linken erklären und verteidigen. Eine Schonfrist werden die ostdeutsche Bundestagsabgeordnete und der westdeutsche Gewerkschafter nicht erhalten. Sie sollen und wollen der Linken politisches Profil verleihen und die verfeindeten Lager versöhnen. Da beides viel mit einander zu tun hat, käme es einem Wunder gleich, wenn ihnen das gelingen sollte.                 

Die Schwäche der Linken hat auch Auswirkungen auf die politischen Kräfteverhältnisse in Deutschland insgesamt. Nach der Bundestagswahl 2009 strotzte die Linke vor Kraft, verständlich bei einem Ergebnis von fast zwölf Prozent. Mit diesem Pfund konnte die Fraktion wuchern und setzte vor allem Sozialdemokraten und Grüne unter Druck. Die dürfen sich nun darüber freuen, dass links von ihnen keine große Gefahr mehr zu erkennen ist. Die Zahlen sprechen für sich: reihenweise Wahlniederlagen auf Landesebene, bedrohliche Umfragewerte knapp über fünf Prozent. Die Wahrscheinlichkeit, dass die Linke 2013 aus dem Bundestag fliegt, ist nach dem Göttinger Parteitag noch größer geworden.