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Deutsche Wirtschaft boomte im Sommer

24. November 2020

Die deutsche Wirtschaft hat sich im Sommer stärker vom Corona-Absturz erholt als erwartet. Das Bruttoinlandsprodukt wuchs von Juli bis September im Rekordtempo und legte um 8,5 Prozent gegenüber dem Vorquartal zu.

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Deutschland Leipzig | Autoindustrie & Corona | Porsche
Ein Porsche-Beschäftigter arbeitet an einem Macan im Leipziger Werk Bild: picture-alliance/dpa/J. Woitas

Wie das Statistische Bundesamt mitteilte, korrigierte es seine erste Schnellmeldung von Ende Oktober damit um 0,3 Punkte nach oben. Mit dem starken Wachstum im dritten Quartal habe die deutsche Wirtschaft einen großen Teil des massiven Rückgangs des Bruttoinlandsprodukts (BIP) vom Frühjahr wieder aufgeholt, erklärte die Behörde in Wiesbaden. Allerdings lag das preis-, saison- und kalenderbereinigte BIP von Juli bis September noch immer 4,0 Prozent niedriger als im vierten Quartal 2019, dem Quartal vor der globalen Corona-Krise.

Im Frühjahr war Europas größte Volkswirtschaft noch mit 9,8 Prozent so stark eingebrochen wie nie, da viele Geschäfte wegen der Corona-Pandemie geschlossen blieben und Lieferketten gestört wurden. Bereits zum Jahresanfang war die Wirtschaftsleistung im Vergleich zum Vorquartal gesunken.

Konsum und Investitionen

Getragen wurde das Wachstum im dritten Quartal den Angaben zufolge insbesondere von höheren privaten Konsumausgaben - sie stiegen um 10,8 Prozent - und stark gestiegenen Exporten von Waren und Dienstleistungen, die um 18,1 Prozent zulegten. Zudem investierten Unternehmen mehr in Maschinen und andere Ausrüstungen. Von den Bauinvestitionen kamen dagegen keine Wachstumsimpulse, sie gingen im Vergleich zum Vorquartal um 2,0 Prozent zurück.

Im Jahresvergleich hinterließ die Corona-Krise allerdings tiefe Spuren. Gegenüber dem dritten Quartal 2019 schrumpfte die Wirtschaftsleistung preisbereinigt um 3,9 Prozent.

Neuer Dämpfer

Nach Einschätzung der Bundesbank und anderer Volkswirte werden die aktuellen Corona-Beschränkungen des öffentlichen Lebens in Deutschland und vielen Staaten Europas die Konjunkturerholung vorerst beenden. Das Bruttoinlandsprodukt könnte im Schlussquartal 2020 "stagnieren oder sogar zurückgehen", hieß es im jüngsten Monatsbericht der Notenbank. Durch die voraussichtliche Verlängerung des Teil-Lockdowns in Deutschland über November hinaus steigt aus Sicht von Ökonomen die Wahrscheinlichkeit eines Rückgangs des BIP im vierten Quartal. Dieser dürfte aber im Vergleich zum Einbruch von März und April "sehr milde ausfallen", sagte Holger Schmieding, Chefvolkswirt der Berenberg Bank.

Im Gesamtjahr 2020 wird die deutsche Wirtschaft allen Prognosen zufolge schrumpfen. Die "Wirtschaftsweisen" gehen von einem Rückgang des Bruttoinlandsprodukts um 5,1 Prozent aus. Dem soll sich im kommenden Jahr ein Wachstum von 3,7 Prozent anschließen. Der Sachverständigenrat ist damit etwas optimistischer als Bundeswirtschaftsminister Peter Altmaier. Sein Ministerium rechnete zuletzt für das laufende Jahr mit einem Einbruch um 5,5 Prozent. Dieser wäre mit der historischen Rezession 2009 infolge der globalen Finanzkrise vergleichbar mit damals minus 5,7 Prozent.

Ifo-Index im Sinkflug

In den Chefetagen deutscher Unternehmen hat sich die Stimmung zwischenzeitlich weiter verschlechtert. Der Ifo-Geschäftsklimaindex für November sank von 92,5 Punkten auf 90,7 Punkte, wie das Münchener Forschungsinstitut mitteile. Schon im Oktober war die Stimmung gefallen. "Die Geschäftsunsicherheit ist gestiegen. Die zweite Corona-Welle hat die Erholung der deutschen Wirtschaft unterbrochen", erklärte Ifo-Präsident Clemens Fuest.

Clemens Fuest Direktor Institut für Wirtschaftsforschung ifo
Der Direktor des Institutes für Wirtschaftsforschung (ifo), Clemens FuestBild: picture-alliance/dpa/S. Stache

Für den Geschäftsklimaindex befragt das Institut monatlich rund 9000 Unternehmen. Dabei werden sie gebeten, ihre gegenwärtige Geschäftslage zu beurteilen und ihre Erwartungen für die nächsten sechs Monate einzuschätzen. Im April war der Index wegen der Corona-Krise auf ein historisches Tief von 74,2 Punkten gestürzt. Im Mai setzte die Erholung ein, die im Oktober aber wieder stoppte.

Industrie liefert "Lichtblick"

Im November nun fiel im verarbeitenden Gewerbe der Ausblick auf die kommenden Monate "merklich weniger optimistisch" als noch im Oktober aus. Die aktuelle Lage dagegen beurteilten die Unternehmen sogar "deutlich besser", denn die Auftragseingänge seien noch gestiegen, wie das Institut erläuterte. Die Industrie sei somit "der Lichtblick in diesem Monat".

Im Dienstleistungssektor dagegen sank der Index "merklich", er liegt im November "erstmals seit dem Juni wieder im negativen Bereich", wie das Ifo mitteilte. Zudem blickten erheblich mehr Unternehmen pessimistisch auf die kommenden Monate. Im Bereich Hotels und Gastgewerbe seien die Indikatoren sogar "regelrecht abgestürzt".

kle/gri (dpa, rtr, afp)