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Kryptobörse FTX ist zahlungsunfähig

11. November 2022

Auch eine geplante Kapitalerhöhung konnte die in Schieflage geratene Kryptobörse FTX nicht mehr retten. Jetzt droht die Abwicklung. Das hat Folgen für den gesamten Sektor digitaler Währungen.

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Symbolbild FTX Kryptobörse App
Symbolbild FTX Kryptobörse AppBild: Silas Stein/dpa/picture alliance

Die angeschlagene Kryptobörse FTX ist offiziell zahlungsunfähig. Der Konzern beantragte nach eigenen Angaben vom Freitag Gläubigerschutz in den USA. Firmengründer Sam Bankman-Fried sei von seinem Posten als Vorstandschef zurückgetreten, teilte FTX außerdem mit. Er hatte mit Konkurrenten und anderen Investoren über eine milliardenschwere Finanzspritze verhandelt, um sein Unternehmen zu retten. FTX war in den vergangenen Tagen in Schieflage geraten, weil Kunden massenhaft Gelder abzogen. Branchenprimus Binance wollte FTX daraufhin übernehmen, machte im letzten Moment aber einen Rückzieher. Mehrere Staaten froren Aktiva des Unternehmens ein, um die Folgen eines Kollapses für die Kryptobranche zu begrenzen. 

Das US-Verfahren nach Kapitel 11 des Insolvenzrechts betrifft dem Konzern zufolge unter anderem die amerikanische Kryptobörse FTX US und 130 weitere Firmen, die zusammen die FTX Group bilden. Strategen fürchten bei einem Zusammenbruch des Marktplatzes weitere massive Verluste für den Sektor. Die älteste Cyberdevise Bitcoin war im Zuge dessen erstmals seit 2020 unter die Marke von 16.000 Dollar gefallen und stand am Donnerstag bei 16.600 Dollar. Auch andere Kryptowährungen wie Ethereum und Ripple hatten starke Verluste verzeichnet.

Von Einzahlungen "dringend abgeraten"

Binance hatte nach einer umfassenden Betriebsprüfung Abstand von der geplanten Übernahme der Sparte FTX.com genommen, teilte die weltgrößte Kryptobörse am Mittwoch mit. Einen Tag zuvor hatte Binance-Chef Changpeng Zhao die Unterzeichnung einer nichtbindenden Absichtsvereinbarung bekanntgegeben. Mit dem Schritt sollte ein Liquiditätsengpass beim Rivalen aufgefangen werden, der sich Branchenkreisen zufolge auf sieben Milliarden Dollar belaufen soll. "Für Anleger rund um den Globus ist damit der rettende Strohhalm offensichtlich Geschichte. Die Hoffnungen waren groß, dass Binance seinen Konkurrenten schluckt und damit auch die Branche vor weiteren Turbulenzen bewahren könnte", sagte Analyst Timo Emden von Emden Research.

FTX-Gründer Sam Bankman-Fried
FTX-Gründer Sam Bankman-FriedBild: Craig Barritt/Getty Images

FTX war unter Druck gekommen, nachdem Kunden binnen weniger Tage massenhaft Geld abzogen. Der FTX-Token, eine Art digitaler Anteilsschein, ist seit Wochenbeginn um 90 Prozent eingebrochen. Zhao hatte am Sonntag mitgeteilt, sein Unternehmen werde die Bestände an den Papieren aufgrund jüngster Erkenntnisse verkaufen. FTX-Chef Sam Bankman-Fried sagte, er erkunde "alle Optionen". Eine Nachricht auf der FTX-Website lautete: "FTX kann derzeit keine Auszahlungen verarbeiten. Wir raten dringend von Einzahlungen ab."

Strategen fürchten noch größere Verwerfungen

Auch die Kryptobörse OKX hatte angesichts der hohen Risiken einer Übernahme von FTX bereits abgewunken. "Es ist ein großes Loch, das es zu stopfen gilt", sagte Lennix Lai, Direktor für Finanzmärkte bei OKX. "Der Dolch wird weiterhin über dem Kryptomarkt schweben, solange die Aussichten für das Schicksal von FTX unklar bleiben." Sollte die Börse zusammenbrechen, hätte das noch weitreichendere Folgen als das Scheitern des Stablecoin TerraUSD und des Krypto-Hedgefonds Three Arrows Capital in diesem Jahr, sagte Danny Chong, Chef des Finanzunternehmens Tranchess. Nach Informationen einer mit der Sache vertrauten Person ist die US-Wertpapieraufsicht bereits alarmiert und untersucht den Umgang von FTX.com mit Kundengeldern und Krypto-Kredit-Aktivitäten. Die Finanznachrichtenagentur Bloomberg berichtete, dass sich auch das US-Justizministerium mit den Turbulenzen befasst. Ein Sprecher des Ministeriums lehnte eine Stellungnahme ab.

Die Zukunftssorgen um FTX könnten jedenfalls nicht das Ende der Fahnenstange bedeuten. "Anleger fürchten, dass bereits weitere Größen innerhalb der Branche vor ähnlichen Problemen stehen könnten", sagte Analyst Emden. Die Turbulenzen könnten auch auf andere Märkte übergreifen, fürchten Börsianer. Angesichts der weiten Verbreitung von Krypto-Investments könne dies eine Liquidation anderer Vermögenswerte erforderlich machen, um Nachschussforderungen zu decken, sagte Stephen Innes, geschäftsführender Partner bei SPI Asset Management.

Die Meldung wurde am 11.11.2020 aktualisiert. 

ul/hb (rtr)