London erhöht Druck auf Flüchtlinge
3. August 2015Inmitten der Flüchtlingskrise am Eurotunnel hat die britische Regierung härtere Maßnahmen gegen illegale Einwanderung angekündigt: Haus- und Wohnungseigentümer, die an illegale Einwanderer vermieten, sollen künftig mit bis zu fünf Jahren Gefängnis bestraft werden können. Das erklärte Staatssekretär Greg Clark in London. Bislang gab es nur Geldstrafen für die Vermietung an illegale Flüchtlinge. Clarks Angaben zufolge sollen die Vermieter vor einer Vermietung den Aufenthaltsstatus ihrer potenziellen Mieter prüfen. Stellen die sich als illegale Einwanderer heraus, sollen die Vermieter sie der Wohnung verweisen - sonst droht die Haft. Darüber hinaus ist geplant, die Löhne illegaler Einwanderer zu beschlagnahmen.
Die verschärften Regelungen für Haus- und Wohnungseigentümer sollen in einen Gesetzentwurf zur Einwanderung aufgenommen werden, den die britische Regierung im Herbst dem Parlament vorlegen will.
Die konservative Regierung von Premierminister David Cameron fährt bereits seit einiger Zeit einen harten Kurs, um die zunehmende Zahl von Flüchtlingen zu verringern. Verschärft hat sich die Debatte durch den Flüchtlingsansturm auf der französischen Seite des Ärmelkanals: Seit Wochen versuchen immer wieder hunderte Flüchtlinge, im Schutz der Dunkelheit zum Eurotunnel bei Calais vorzudringen. Sie hoffen, auf Lkw-Frachtzüge nach Großbritannien zu gelangen, wo sie sich bessere Asylbedingungen erhoffen als in Frankreich.
Flüchtlinge lassen sich nicht abschrecken
Trotz mehr Polizei und demonstrativer Härte aus London drängen die Flüchtlinge weiter in Scharen zum Ärmelkanaltunnel in Nordfrankreich. In der Nacht zum Montag verhinderten Beamte nach Angaben aus Polizeikreisen 1700 Versuche, illegal nach Großbritannien zu gelangen, wie die französische Nachrichtenagentur AFP berichtete. Offiziell wollte die Polizei sich nicht dazu äußern.
In 700 dieser Fälle seien die Migranten bereits auf das Bahngelände vor dem Tunnel bei Calais gelangt und dort aufgehalten worden, hieß es. In den übrigen Fällen verhinderten die Polizisten schon das Eindringen auf das Gelände. Die Zahl der Flüchtlinge liegt aber deutlich niedriger als die 1700 Versuche - viele von ihnen versuchen im Verlauf einer Nacht mehrere Male, zu den Zügen zu gelangen.
Ein Sicherheitsbeamter wurde im Gesicht verletzt, als ein Flüchtling einen Stein aus einem Gleisbett auf ihn warf. Der Polizist musste ins Krankenhaus gebracht und genäht werden. Der sudanesische Flüchtling, der den Stein geworfen hatte, wurde festgenommen.
Massenandrang am Tunnel
In der vergangenen Woche waren zwischenzeitlich bis zu 2300 Versuche in einer Nacht gezählt worden, zum Eurotunnel zu gelangen. Am Wochenende war die Zahl dann zunächst stark gesunken, auf 300 und 400 pro Nacht, bevor sie nun wieder anstieg.
Wie viele Migranten es über den Ärmelkanal schaffen, ist unklar. Wer aufgegriffen werde, mache oft falsche Angaben zu Personalien, teilte der Polizeichef der südenglischen Grafschaft Kent, Alan Pughsley, der Nachrichtenagentur PA zufolge einem Ausschuss des Innenministeriums mit. Französische Behörden schätzten, dass 70 Prozent der einmal Aufgegriffenen die Region Calais innerhalb von vier Monaten verließen - es sei aber unklar, wohin.
In Calais harren Behördenschätzungen zufolge derzeit rund 3000 Flüchtlinge aus, die meisten von ihnen aus Afghanistan, Äthiopien, Eritrea und dem Sudan. Bei ihren verzweifelten Versuchen, durch den Eurotunnel nach Großbritannien zu gelangen, verunglückten seit Anfang Juni zehn Migranten tödlich.
Die Innenminister Frankreichs und Großbritanniens, Bernard Cazeneuve und Theresa May, riefen die anderen EU-Staaten am Wochenende zu Hilfe bei der Bewältigung der Flüchtlingskrise aus. Zugleich betonten sie, für beide Länder habe das Vorgehen gegen illegale Grenzübertritte am Ärmelkanal "oberste Priorität". Bereits vergangene Woche hatte London zusätzliche zehn Millionen Euro für verstärkte Sicherheitsmaßnahmen zugesagt. Frankreich hatte zusätzliche Polizisten an die Grenze geschickt.
chr/stu (afp, dpa)