Mehr Genehmigungen für Waffenexporte
14. November 2012
Das Bundeswirtschaftsministerium hat am Mittwoch (14.11.2012) den aktuellen Rüstungsexportbericht vorgelegt. Demnach sind 2011 im Vergleich zum Vorjahr weniger Kriegswaffen exportiert worden, also etwa Schusswaffen oder Panzer. Doch immerhin 42 Prozent dieser Güter sind in Staaten gegangen, die nicht zur EU, zur NATO und zu der NATO gleichgestellten Ländern gehören - etwa in die Vereinigten Arabischen Emirate, Singapur, den Irak und Algerien. Es sind auch mehr Einzelausfuhrgenehmigungen für Rüstungsgüter erteilt worden. Konkret bedeutet das einen Anstieg um 660 Millionen Euro oder rund 14 Prozent. Als Rüstungsgüter definiert sind alle militärisch verwendbaren Güter, also beispielsweise auch tarnfarbene LKW.
Kriegswaffen für Nicht-EU-Länder sind Chefsache
Damit ein in Deutschland ansässiger Rüstungskonzern überhaupt Kriegswaffen oder Rüstungsgüter ins Ausland verkaufen darf, muss er eine Exportgenehmigung beim Bundeswirtschaftsministerium beantragen. Das prüft die Anfrage dann in Kooperation mit dem Verteidigungsministerium und teilweise auch anderen Ministerien - etwa solchen, die die Menschenrechtssituation der Länder beurteilen können. "Es gibt eine Gruppe von 'grünen Ländern', in die Sie problemlos exportieren können - das sind alle Länder, die in der Europäischen Union oder in der NATO sind", erläutert Christian Mölling, Experte für Rüstungspolitik der Stiftung Wissenschaft und Politik (SWP), gegenüber der Deutschen Welle. "Für diese Länder müsste die Bundesregierung quasi schon begründen, warum die Unternehmen nicht dahin exportieren dürfen, denn das sind befreundete Länder oder Allianzpartner, die von Deutschland militärische Unterstützung erwarten dürfen." Auch bei Rüstungsgütern bereiten die Behörden den Unternehmen meist keine Probleme.
Aufwändiger wird das Verfahren, wenn ein Produzent Kriegswaffen in Länder exportieren möchte, die nicht der EU oder NATO angehören. Beispiel: Panzer nach Saudi-Arabien, Fregatten nach Algerien oder U-Boote nach Israel. Dann fällt der Bundessicherheitsrat die Entscheidung. Zu diesem Ausschuss des Kabinetts gehören die Kanzlerin, der Vizekanzler, der Bundeskanzleramtschef sowie die Außen-, Verteidigungs-, Innen-, Justiz-, Finanz- und Entwicklungsminister. Alle Beratungen und Protokolle sind geheim. Denn, so Christian Mölling, Waffenlieferungen stehen für eine bestimmte sicherheitspolitische Planung im Hinblick auf die Zielländer, für die sich auch deren Nachbarn interessieren.
Menschenrechte contra Außenpolitik
Der Bundestag hat keinen direkten Einfluss auf das Prüfverfahren zur Exportgenehmigung. Die Opposition hat nur eine Möglichkeit: Wenn sie an die Regierung kommt, kann sie den gesetzlichen Rahmen ändern. Zur Zeit sind für Kriegswaffen- und Rüstungsausfuhren insbesondere drei Gesetze relevant: Das Kriegswaffenkontrollgesetz - das ist im Grundgesetz in Artikel 24 verankert und regelt die Produktion und den Export von Kriegswaffen. Dann das Außen- und Wirtschaftsgesetz, das auch für Rüstungsgüter gilt. Und schließlich die sogenannte Dual-Use-Güterverordnung für Güter, die sowohl militärisch als auch zivil verwendet werden können, wie etwa bestimmte Ferngläser.
Außerdem hat sich die amtierende konservativ-liberale Koalition zu bestimmten politischen Grundsätzen bekannt - unter anderem zu der Exportrichtlinie, die die rot-grüne Bundesregierung im Jahr 2000 beschlossen hatte. Danach sind Waffenlieferungen an Staaten tabu, die systematisch Menschenrechte verletzen oder sich in politisch instabilen Regionen befinden. "Diese Grundsätze haben keine rechtliche, aber politische Bindewirkung. Dennoch bieten sie gleichzeitig einen erheblichen Spielraum für die Bundesregierung, die insgesamt bei Exporten sehr große Freiheit genießt", so Rüstungsexperte Christian Mölling. Denn die politischen Grundsätze der Regierung ließen auch andere Kriterien zu - sie würden oft dagegen abgewogen, ob die Waffenlieferungen möglicherweise eingesetzt werden, um Menschenrechte zu verletzen. "Das ist vor allem die Frage, ob man ein außenpolitisches Interesse daran hat, an ein bestimmtes Land zu liefern - etwa weil man meint, dass man das Land unterstützen sollte oder das Land auch Deutschland entgegengekommen ist", so Mölling.
Billige Waffen für Deutschland
Besonders umstritten sind Exporte wie etwa die Panzerlieferungen an Saudi-Arabien. Deren Befürworter argumentieren gerne, das sichere deutsche Arbeitsplätze. Das ist für Christian Mölling nicht stichhaltig: "Es ist nicht so sehr, dass wir ein wirtschaftliches Interesse daran haben, irgend jemandem deutsche Panzer zu liefern, sondern es hat eher etwas mit dem politischen Interesse zu tun, dass Deutschland gerne bei deutschen Firmen kaufen möchte, aber nicht das Geld hat, sie ausreichend zu unterhalten." Da die Firmen nicht genügend Aufträge aus Deutschland bekämen, müssten sie die Aufträge und damit das Geld aus anderen Ländern holen. "Das unterstützt die Bundesregierung natürlich, um ihre eigenen Lieferanten weiter bei sich behalten zu können", betont Mölling.
Die Frage, ob Deutschland Waffen exportieren darf, müsse also auch diesen Aspekt beinhalten: Entweder wir akzeptieren, dass deutsche Rüstungsunternehmen einen Teil ihres Geldes im Ausland verdienen, um entsprechenden Profit zu machen - oder die Bundeswehr bezahle deutlich mehr für ihre Rüstungsgüter.