Auswirkungen der Saarland-Wahl
26. März 2012Sechs Wochen noch in Schleswig-Holstein, sieben in Nordrhein-Westfalen, dann wird auch dort ein neuer Landtag gewählt. Für die Parteigremien in Berlin ging daher am Tag nach dem Wählerentscheid im Saarland die Wahlanalyse direkt über in die Wahlkampfplanung. Die ist für keine Partei schwieriger als für die FDP. Wegen Personalquerelen war sie im Saarland aus der Regierung geflogen und jetzt auch aus dem Landesparlament. Das hatten die Liberalen zwar selbst erwartet, aber nicht mit so deutlichen Verlusten gerechnet. Mit 1,2 Prozent sind sie auf das Niveau einer Splitterpartei abgesunken.
FDP-Chef Rösler ruft zu Gelassenheit auf
Der FDP-Parteivorsitzende Philipp Rösler gab am Tag nach der Wahl die Parole aus, jetzt nicht die Nerven zu verlieren. "Mit der notwendigen Gelassenheit und Ruhe werden die Themen Wirtschaftspolitik, Energiepolitik und Haushaltskonsolidierung weiter transportiert", sagte Rösler. Dies sei eine gute Basis gerade im Blick auf Schleswig-Holstein und Nordrhein-Westfalen, wo die Frage der Haushaltskonsolidierung eine große Rolle in den Wahlkämpfen spiele.
Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) gab ihrem Koalitionspartner indirekt Flankenschutz. Das Saarland sei das Saarland, die Situation der FDP dort nicht mit der im Bund zu vergleichen. Die Lehre aus der Landtagswahl sei für jede Partei, dass sie am besten fahre, wenn sie "dort, wo sie Verantwortung trägt, dieser Verantwortung gerecht" werde, sagte Merkel. Auf Bundesebene arbeite sie mit der FDP gut zusammen. "Wir haben viel Arbeit vor uns und werden die in der christlich-liberalen Koalition auch gut weiter erfüllen."
Opposition sieht Liberale in Auflösung
Die Opposition dagegen sieht die FDP "im Auflösungsprozess", wie Grünen-Parteichef Cem Özdemir formulierte. "Das Virus hat auch die FDP in Schleswig-Holstein und Nordrhein-Westfalen erfasst", diagnostizierte Özdemir. Die Grünen selbst hatten im Saarland gerade noch die Fünf-Prozent-Hürde übersprungen. Damit sind sie weiterhin in allen 16 Landtagen vertreten. Das stimme ihn optimistisch für die beiden Wahlen im Mai, sagte Özdemir.
Die SPD hat im Saarland ihr Wahlziel nicht erreicht, stärkste Partei zu werden und den Ministerpräsidenten zu stellen. Sie hat aber gegenüber der letzten Wahl 2009 um 6,1 Prozent zugelegt und geht deshalb optimistisch in die nächsten Wahlen. In Schleswig-Holstein und Nordrhein-Westfalen sei die Ausgangslage für die Sozialdemokraten günstiger, analysierte SPD-Parteichef Sigmar Gabriel, weil es dort klare rot-grüne Optionen gebe. Im Saarland waren Wahlanalysen zufolge viele frühere SPD-Wähler zuhause geblieben. Dies könnte mit der Absicht der Sozialdemokraten in Saarbrücken zu tun haben, eine Große Koalition mit den Christdemokraten anzustreben.
Abwarten nach Überraschungserfolg der Piraten
Abwartend äußerten sich Vertreter aller Parteien zur Rolle der Piratenpartei, die wie schon im Herbst bei der Wahl zum Abgeordnetenhaus in Berlin auf Anhieb locker die Fünf-Prozent-Hürde übersprungen hatte. Die saarländische Ministerpräsidentin Annegret Kramp-Karrenbauer sagte bei einer gemeinsamen Pressekonferenz mit Bundeskanzlerin Merkel, man nehme die Piraten als ernstzunehmende Gruppe wahr, werde aber ihretwegen nicht von eigenen Positionen etwa in Fragen des Urheberrechts abrücken.
Bei der Linkspartei, die im Saarland trotz Verlusten wieder mit Abstand drittstärkste Partei wurde, hat sich die Diskussion über die künftige Parteiführung intensiviert. Der Erfolg wird vor allem dem Spitzenkandidaten Oskar Lafontaine zugeschrieben. Er hat früher die Linke auf Bundesebene geführt, und viele in der Partei wünschen nun sein Comeback. "Wir setzen alle große Hoffnungen auf ihn", sagte Parteichefin Gesine Lötzsch in einem Fernsehinterview. Der Fraktionsvorsitzende der Linken in Nordrhein-Westfalen, Wolfgang Zimmermann, forderte noch vor den Landtagswahlen im Mai Klarheit über das Personaltableau. Die Partei sei dank Lafontaine wieder auf Erfolgskurs.