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Gedenktag gekippt

21. Juli 2010

Der amtierende moldauische Präsident Mihai Ghimpu hatte den 28. Juni per Dekret zum "Tag der sowjetischen Besatzung" erklärt. Das Verfassungsgericht hat den Gedenktag nun jedoch als verfassungswidrig erklärt.

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Kommunisten protestieren gegen Ghimpus Dekret (Foto: DW)
Kommunisten protestieren gegen Ghimpus DekretBild: DW

Mihai Ghimpu war sichtlich unzufrieden: Die Entscheidung des Verfassungsgerichts, den 28. Juni nicht zum Gedenktag zu erklären, kritisierte der Parlamentspräsident und damit vorübergehende Präsident der Republik Moldau scharf. Er gab allerdings auch zu, mit einem solchen Ergebnis gerechnet zu haben.

Die Kommunisten hingegen feiern das Urteil als Sieg gegen die amtierende Führung des Landes. Zu früh, meinen aber Ghimpus Anhänger. So kündigte der Fraktionsführer der Liberaldemokraten, Ion Hadyrke, an, seine Partei wolle nun ein Gesetz durch das Parlament peitschen, das Ghimpus Dekret entsprechen werde.

Portrait von Mihai Ghimpu (Foto: AP)
Mihai Ghimpu ist mit dem Urteil der Verfassungsrichter nicht zufriedenBild: AP

Ghimpu hatte seine Initiative für einen Gedenktag damit begründet, dass sowjetische Truppen am 28. Juni 1940 als Folge des Hitler-Stalin-Paktes in Gebiete der heutigen Republik Moldau eingerückt waren - gegen den Willen der dortigen Bevölkerung. Das totalitäre Regime in Moskau habe daraufhin politische Gegner nach Sibirien deportiert oder getötet. An jene Opfer soll ein Gedenkstein erinnern, den Ghimpu vor dem Regierungsgebäude hatte aufstellen lassen. Das Verfassungsgericht urteilte nun, Ghimpus Interpretation der Geschichte sei verfassungswidrig.

Ghimpu unter Druck

Oppositionelle Parteien wollen nun ein Amtsenthebungsverfahren gegen Ghimpu einleiten. Da mehrere Anläufe zur Wahl eines Präsidenten im Parlament bisher gescheitert waren, nimmt er als Parlamentspräsident laut Verfassung vorübergehend auch die Vollmachten des Staatsoberhauptes wahr.

Parlamentsgebäude in Chisinau (Foto: DW)
Präsidentenwahl im moldauischen Parlament mehrfach gescheitertBild: DW/ Slavkovic

Im Parlament herrscht seit Monaten ein Machtvakuum. Die regierende "Allianz für Europäische Integration", zu der sich die Liberaldemokraten, die Liberale Partei, die Demokraten sowie das Bündnis "Unser Moldova" zusammengeschlossen haben, kommt auf 53 Sitze - die oppositionellen Kommunisten auf 48. Der Präsident des Landes muss aber mit drei Fünftel der Abgeordnetenstimmen gewählt werden, also von 61 Parlamentariern. Das war bisher keinem der beiden Lager gelungen.

Marian Lupu, Führer der Demokratischen Partei, erklärte, mangels einer eigenen Mehrheit im Parlament könnten die Kommunisten aber eine Amtsenthebung Ghimpus nicht durchsetzen. Hinzukomme, dass die Kommunisten seit Monaten alle Sitzungen boykottierten.

Keine Parlaments-Neuwahlen?

Da das Parlament 2009 bereits zwei Mal neu gewählt wurde, könnten aufgrund gesetzlicher Bestimmungen nun wieder Neuwahlen stattfinden. Diese müsste Ghimpu ansetzen. Der befürchtet aber, dass Neuwahlen die politische Krise nicht lösen werden. Die amtierende Führung des Landes strebt deshalb eine Verfassungsänderung an, die eine Direktwahl des Staatsoberhauptes durch das Volk ermöglicht. Dazu soll Anfang September ein Referendum abgehalten werden, das von den Kommunisten bereits als verfassungswidrig abgelehnt wird.

Autoren: Julia Semenova, Markian Ostaptschuk (dpa)
Redaktion: Nicole Scherschun