Müder Eberl verlässt Gladbach
28. Januar 2022"Ich beende etwas, das mein Leben war, das mir sehr viel Freude und Spaß bereitet hat", sagte ein sichtlich angefasster Max Eberl, als er seinen sofortigen Abschied als Sportdirektor bei Borussia Mönchengladbach verkündete. Der Mensch Max Eberl sei nach allem, was in den vergangenen Monaten passiert sei, schlicht und einfach müde und ausgebrannt. "Viele Dinge drumherum sind nicht mehr meine Freude und mein Spaß. Ich muss einen Schlussstrich ziehen", sagte Eberl. "Ich muss raus, ich muss auf den Menschen aufpassen. Ich habe mich um den Klub gekümmert wie um ein Kind - mit aller Kraft, die ich habe. Und die Kraft ist momentan einfach nicht mehr da."
"Das ist ein blöder Tag, ein Misttag", sagte Vereinspräsident Rolf Königs und berichtete davon, dass man schon seit längerer Zeit im Gespräch gewesen sei und versucht habe, Eberl doch zum Bleiben zu bewegen. Offenbar wussten die Klubverantwortlichen seit dem vergangenen Oktober von Eberls Zweifeln, ob er bei der Borussia weitermachen könne.
"Er hat uns dann aber mitgeteilt, dass es nicht in seine Lebensplanung passt und er den Verein verlassen möchte. Das haben wir respektiert", so Königs. "Wenn jemand geht, der die Bausteine so gut aufeinandergestellt hat wie Max Eberl, dann ist das traurig", sagte auch der Vizepräsident und ehemalige Nationalspieler Rainer Bonhof. "Wir wünschen ihm schnelle Genesung und alles Gute."
Sportliche Krise
Der Abschied Eberls kommt zur Unzeit, denn sportlich läuft es bei Borussia Mönchengladbach derzeit überhaupt nicht. Sechs der vergangenen acht Bundesligaspiele hat der Verein verloren, zudem ist man im DFB-Pokal mit 0:3 gegen Zweitligist Hannover 96 ausgeschieden. Mit Nationalspieler Matthias Ginter und Denis Zakaria haben zwei Stützen der Mannschaft bereits angekündigt, den Klub im Sommer zu verlassen. Weitere Stars wie die Stürmer Alassane Plea und Marcus Thuram könnten folgen.
Trainer Adi Hütter steht massiv in der Kritik, seine Zukunft ist mehr als ungewiss. Die der Borussia, die nach dem 20. Bundesliga-Spieltag als Tabellenzwölfter nur noch vier Punkte vor dem ersten Abstiegsplatz liegt, ebenfalls. Und nun geht ausgerechnet derjenige von Bord, der bisher als "Fels in der Brandung" alle Fäden zusammengehalten hat, stets einen kühlen Kopf bewahrte und den angeschlagenen Trainer - unabhängig von allen Misserfolgen - stützte.
Max Eberl - das Gesicht der Borussia
Eberl war 23 Jahre lang bei der Borussia. Von 1999 bis zum Karriereende im Herbst 2004 als Spieler, anschließend nahtlos als Nachwuchskoordinator. 2008 übernahm er das Amt des Sportdirektors, später stieg er zum Geschäftsführer Sport auf. Nach anderthalb Jahren Abstiegskampf gelang mit dem von Eberl verpflichteten Trainer Lucien Favre 2010 die Rettung in der Relegation. Es folgte ein beispielloser Aufstieg, der die Borussia nach etlichen Jahren Abstinenz wieder in den Europapokal, 2015 sogar in die Gruppenphase der Champions League führte.
Eberl galt als das Gesicht der Borussia. Seinen Vertrag hatte er erst vor gut einem Jahr bis 2026 verlängert. Immer wieder hatte Eberl von seiner "Vision" gesprochen, mit der Borussia einmal einen Titel gewinnen zu wollen. Der 48-Jährige hatte sich bereits nach der Vertragsverlängerung im Januar 2021 eine vierwöchige Auszeit genommen. Auch das, so Eberl, habe mit den starken Anforderungen des Jobs zu tun gehabt. Eine Tandemlösung, die der Klub Eberl vor vier Jahren anbot, um ihn zu entlasten, hatte der abgelehnt.
Zu möglichen Nachfolgern wurde bei der Abschiedspressekonferenz nichts gesagt. Die Aufgaben Eberls, was Verträge und Transfers angeht, wird in der Hauptsache Steffen Korell, der Leiter der Scouting-Abteilung, übernehmen. Im Vorfeld der PK waren Ex-Spieler Martin Stranzl und Ex-Trainer Dieter Hecking genannt worden. Präsident Königs sagte nur soviel: "Interne Lösungen haben wir abgesteckt. Wir schauen uns extern um." Am Samstag gab es ein erstes Dementi: Hecking, Sportvorstand bei Zweitligist 1. FC Nürnberg, schloss einen Wechsel nach Mönchengladbach aus. Über die Eberl-Nachfolge "gibt und gab es keine Gespräche", teilte der 57-Jährige über seinen Verein mit und betonte: "Ich besitze beim 1. FC Nürnberg einen Vertrag bis 2023. Der ist für mich bindend."
Eberl: "Ich will einfach raus"
Gerüchte, was die eigene Zukunft im Fußball, möglicherweise bei einem anderen Verein angeht, wies Eberl vehement zurück. "Wenn irgendjemand jetzt behauptet, ich würde einen Vereinswechsel wollen oder etwas ähnliches: Vergesst das ganz schnell! Ich will einfach raus, ich will einfach mit diesem Fußball gerade nichts zu tun haben. Ich will die Welt sehen, keine Verantwortung haben, ich will einfach Max Eberl sein", sagte Eberl unter Tränen. "Ich bin traurig, weil ich sehr viele Menschen sehr lieb gewonnen habe und jetzt zurücklassen muss, um selber wieder klarzukommen."
Am Ende bedankte sich Max Eberl bei den anwesenden Journalisten. "Es muss sich keiner Sorgen um mich machen, aber ich bin halt jetzt mal eine Zeitlang raus", sagte er, da schon wieder mit einem zaghaften Lächeln im Gesicht. "Es war mir eine Ehre, hier zu arbeiten."
Viel Unterstützung und Verständnis
Die Reaktionen vieler Profis und Experten auf Eberls Schritt waren positiv: "Riesen-Respekt vor dieser Entscheidung!", schrieb Gladbachs Kapitän Lars Stindl auf Twitter. "Ich wünsche dir alles Gute für deine Zukunft! Ganz viel Spaß, ganz viel Freude, ganz viel Max Eberl! Danke für alles!" Auch André Schürrle, ehemaliger Nationalspieler, der seine Karriere 2020 schon mit 29 Jahren aus Frustration über die Verhältnisse und den Erwartungsdruck im Profifußball beendete, sprach Eberl gute Wünsche aus: "Alles Gute Max Eberl!", twitterte er. "Viel Ruhe und Geduld! Danke für deine mutigen Worte."
"Ich war überrascht, dass er sich so entschieden hat. Man muss es aber akzeptieren und respektieren", sagte Rekord-Nationalspieler und TV-Experte Lothar Matthäus bei Sky. "Er hat Wahnsinniges geleistet für die Borussia in verschiedenen Positionen. Als Fan und ehemaliger Spieler der Borussia muss man ihm dafür danken. Für seinen Einsatz, für seine Leidenschaft, mit der er gekämpft hat."