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Narendra Modis größte Herausforderung

Srinivas Mazumdaru | re16. Mai 2014

Narendra Modi wird Indiens nächster Premier. Seine Partei hat bei den Parlamentswahlen einen historischen Sieg errungen. Experten sind sich einig: Die Regierung steht vor großen Herausforderungen.

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Narendra Modi
Bild: Reuters

"Indien hat gewonnen. Es kommen gute Tage", twitterte Narendra Modi, kurz nachdem sich bei den indischen Parlamentswahlen ein Erdrutschsieg seiner Partei abzeichnete. Die Bharatiya Janata Partei (BJP) konnte die absolute Mehrheit für sich gewinnen: 283 von 543 Sitzen. Damit übertraf das Wahlergebnis der BJP alle Hochrechnungen. Die bisherige Regierungspartei hat eine krachende Niederlage hinnehmen müssen. Die Kongress-Partei, die an jeder Regierung seit 1947 beteiligt war, fiel von 163 auf 43 Sitze zurück.

"Ein wahrlich historisches Ergebnis", urteilt Milan Vaishnav, Südasienexperte der Carnegie Stiftung in den USA. Das Erreichen der absoluten Mehrheit durch die BJP sei ein beispielloser Sieg. Zum ersten Mal seit 1984 ist es einer einzigen Partei gelungen, eine absolute Mehrheit in Indien zu erreichen. Und es ist auch das erste Mal, dass eine Regierung ohne Beteiligung der Kongress-Partei die Regierungsgeschäfte in Neu Delhi führen wird.

Große Überraschung

Das Ergebnis hat viele Beobachter überrascht. Sie waren sicher, dass die BJP die absolute Mehrheit verfehlen würde und damit auf die Unterstützung mehrerer regionaler Parteien angewiesen wäre. Unterstützt wurde ihre Argumentation von der Tatsache, dass die größte Demokratie der Welt seit 30 Jahren ohne Ausnahme von Koalitionsregierungen regiert wurde.

Feiernde Anhänger der BJP
Anhänger der BJP feiern nach dem Wahlsieg auf den StraßenBild: UNI

Parteien, denen nach der Wahl eine wichtige Rolle zur Regierungsbildung zugerechnet wurde, sind an den Wahlurnen gescheitert. Die Aam Aadmi Partei (AAP) etwa, die der grassierenden Korruption den Kampf angesagt hatte, erlebte ein Debakel. Sie errang nur vier Sitze. Die Vorhersagen, dass Indien nach den Wahlen von einem zersplitterten Parlament regiert würde, bestätigten sich mit dem Wahlergebnis nicht.

Hohe Erwartungen

Das eindeutige Wahlergebnis gibt dem zukünftigen Premierminister Modi ein starkes Regierungsmandat. Im Wahlkampf setzte die BJP vor allem auf wirtschaftliche Erfolge, die Modi als Ministerpräsident des Bundesstaats Gujarat erzielt hatte. Modi hat auch versprochen, Millionen neue Jobs zu schaffen und die andauernd hohe Inflation zu bekämpfen. Die BJP versprach, die Erfolge landesweit zu wiederholen, wenn sie bei den Wahlen gewinnen würde. "Mit einem derartig starken Mandat werden die Menschen erwarten, dass Modi schnell liefert", so Vaishnav.

Rajiv Biswas, Chefökonom für Asien am Forschungszentrum HIS, ist überzeugt, dass Modi jetzt den nötigen Spielraum hat, um eine Reihe dringend notwendiger Reformen anzustoßen, die Indiens schwächelnde Wirtschaft auf die Beine helfen können. "Der Sieg der BJP wird wahrscheinlich ein wiedererstarken der indischen Wirtschaft zur Folge haben. Das Bruttoinlandsprodukt kann bis 2017 durchaus auf acht Prozent steigen."

Modi vor Solaranlagen
Modi sorgte mit Investitionen für den wirtschaftlichen Aufschwung in der Provinz GujaratBild: dapd

Die Märkte reagierten bereits positiv auf die Wahl von Modi. Der indische Leitindex Sensex stieg um sechs Prozent auf das Allzeithoch von 25.375 Punkten. Auch die indische Währung hat an Wert gewonnen, vor allem da viel ausländisches Geld in das Land kommt. Investoren setzen darauf, dass Modis Regierung einen wirtschaftlichen Reform- und Liberalisierungsprozess in Gang setzen wird.

Gewaltige Herausforderung

Michael Kugelman, Südasienexperte des internationalen Woodrow Wilson Zentrums ist skeptisch. Trotz des Wahlsiegs wird es für die BJP sehr schwierig sein, die Probleme Indiens zu meistern. "Die BJP ist für große Infrastruktur- und Entwicklungsprojekte in Gujarat bewundert worden. Sie wollen das für ganz Indien wiederholen. Aber das wird aufgrund der darniederliegenden Wirtschaft sehr schwierig", so Kugelman im Gespräch mit der Deutschen Welle.

Diese Ansicht teilt auch der politische Analyst Vaishnav. "Es wird schwierig, wenn nicht gar unmöglich, Modis Modell auf nationaler Ebene zu wiederholen, denn Neu Delhi verfügt nur über begrenzte Macht über die Bundesstaaten und die uferlose Bürokratie. Nicht zuletzt ist Modi auf die Kooperation der Staaten angewiesen." Modi wird Kompromisse machen müssen, was er in den letzten zwölf Jahren nicht musste, als er noch Ministerpräsident des Bundesstaats Gujarat war.

Internationale Beziehungen

Das außenpolitische Programm der BJP wird sich nach Ansicht vieler Experten vor allem auf die unmittelbaren Nachbarn, insbesondere Pakistan und China konzentrieren. "Modies Hauptziel wird es sein, diese Länder durch wirtschaftliche Kooperation näher an Indien zu binden", sagt Kugelman. "Modi hofft mit Pakistan einen Wirtschaftsvertrag abzuschließen, der beide Nation zu bevorzugten Handelspartnern macht ."

Abgesehen von der unmittelbaren Nachbarschaft sei davon auszugehen, so Kugelman, dass die BJP die bestehenden guten Beziehungen zu Japan und Russland weiter vertiefen wird. Die Beziehungen zu den USA, um die es ohnehin nicht gut bestellt sei, würden durch Modis eindeutigen Sieg nicht besser. Noch vor kurzem verweigerte Washington dem indischen Politiker das Visum, mit der Begründung, dass er in die antimuslimischen Ausschreitungen von Gujarat im Jahr 2002 verstrickt gewesen sei. Doch die Obama-Regierung hatte bereits signalisiert, bei einem Wahlsieg Modis mit dem neuen Premierminister Indiens zusammenzuarbeiten. Kugelman sagt: "Die Beziehungen zwischen den USA und Indien sind einfach zu wichtig, als dass Washington sich von der Visa-Affäre ins Abseits drängen lässt." Nur Stunden nach dem Wahlergebnis hieß das Weiße Haus Modi in einem Statement herzlich willkommen.