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NATO-Beitrittsdebatte spaltet Ukraine

3. April 2008

Der ukrainische Präsident Viktor Juschtschenko hat sich für eine Aufnahme seines Landes in die NATO ausgesprochen. Doch die Ukrainer sind wenig begeistert davon.

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Anti-NATO-Kundgebung in Kiew (31.3.2008)Bild: AP

Die Ukraine ist ein gespaltenes Land - zumindest wenn man die Menschen dort nach ihrem Interesse an einem NATO-Beitritt befragt. Der Streit darüber ist gut abzulesen an den Titelbildern ukrainischer Nachrichten-Magazine. Eines zeigte grade erst den prowestlichen Präsidenten Wiktor Juschtschenko in Militäruniform auf einem Panzer. "Vorwärts in die NATO!", lautete die Überschrift. Eine andere Zeitschrift druckte eine Karikatur von George W. Bush, skizziert als ein römischer Feldherr, der die Welt beherrschen will.

Seit Ende der 90er Jahre wird in der Ukraine über eine Mitgliedschaft im westlichen Militärbündnis diskutiert. Die meisten Politiker mit Ausnahme der Linken plädieren für einen Beitritt zur NATO – früher oder später. Sie sehen darin eine Chance für eine weitere Demokratisierung des Landes, eine Reform der Streitkräfte und eine Annäherung an die EU, in die das Land ebenfalls aufgenommen werden möchte.

Sicherheit im Bündnis

Während die Europäische Union der Ukraine keine Hoffnung auf Mitgliedschaft macht, setzt Juschtschenko auf die NATO. Für Juschtschenko steht die Sicherheitspolitik im Vordergrund. Nur ein starkes Land oder ein Land, das immer im Frieden mit seinen Nachbarn lebe, könne sich alleine verteidigen, sagt er. In Erinnerung hat er dabei wohl, dass das Land einst zwischen den Großmächten Polen, Österreich und Russland aufgeteilt wurde.

Juschtschenkos Problem: Eine breite Mehrheit in der Bevölkerung ist gegen einen möglichen NATO-Beitritt der Ukraine. Zwei Drittel geben in Umfragen an, skeptisch bis ablehnend gegenüber der NATO eingestellt zu sein. Die meisten NATO-Gegner leben im Osten und Süden der Ukraine. Hier sprechen viele Menschen Russisch, und man sieht russisches Fernsehen. Gerade dort, so der Kiewer Außenpolitik-Experte Jewhen Petrenko, werde eine gezielte Kampagne gegen die NATO geführt: "Es zeigt, dass Russland immer noch die Breschnew-Doktrin verfolgt, wonach Satelliten der UdSSR nur eine begrenzte Souveränität genießen dürfen."

Russlands Interessen

Russland möchte wieder mehr Einfluss auf die ehemalige Schwesterrepublik ausüben und scheut auch nicht vor Propaganda zurück. Viele Ukrainer sehen die Allianz deshalb durch die russische Brille. Die NATO sei ein aggressiver Militärblock und ein Spielzeug der USA, hört man beispielsweise immer wieder von vielen Ukrainern. Auch von jenen Demonstranten, die sich zum Besuch des amerikanischen Präsidenten in dieser Woche in der Kiewer Innenstadt versammelt hatten.

Anfang des Jahres löste Juschtschenkos NATO-Initiative eine politische Krise in der Ukraine aus. Die Opposition legte das Parlament lahm - die pro-russische Partei der Regionen stellte sich gegen eine schnelle NATO-Integration. Nach einem langen politischen Streit wurde ein Kompromiss gefunden: Die Ukraine soll der NATO erst dann beitreten, wenn eine Mehrheit der Bevölkerung - in einem Referendum - dafür stimmt. Wann dieses Referendum stattfinden soll, ist offen. Es könne jedoch noch Jahre dauern, sagen Diplomaten in Kiew.

Roman Goncharenko