Neue Führung für das Bolschoi
9. Juli 2013Generaldirektor Iksanow muss gehen. Der russische Kulturminister Wladimir Medinski entließ den 61 Jahre alten Intendanten vor Ablauf seines Vertrages und ganz überraschend. In seine Fußstapfen tritt der ehemalige Generaldirektor des Moskauer Akademischen Stanislawski-Musiktheaters, Wladimir Urin. Nach dem Säureattentat auf Ballettchef Sergej Filin im Januar und zahlreichen Entlassungen und Wegfällen wagt das Theater einen Neustart.
Seine Entscheidung sei genau überlegt, betonte der Kulturminister. "Das Theater braucht eine Erneuerung", begründet er den vorzeitigen Führungswechsel. Ursprünglich sollte der Vertrag für Iksanow erst im Oktober 2014 enden.
Urin steht vor einer Mammutaufgabe. Seit Anfang des Jahres hatten sich Skandal-Meldungen über interne Streitigkeiten um Bühnenrollen und erbitterte Machtkämpfe im russischen Staatstheater überschlagen. Seine neue Führungsaufgabe sei es "das Team des Bolschoi-Theaters wieder zu einigen", erklärte der Kulturminister.
"Keine Revolution"
Der neue Generaldirektor Urin versicherte, dem legendären Moskauer Tanzensemble stünden keine umfangreichen Veränderungen bevor. "Es wird keine Revolution geben", beschwichtigte er. Mehrere Tänzer hatten bereits nach dem Säureangriff auf den ehemaligen Ballettchef den Musentempel verlassen.
Auch hatte der bekannte Solotänzer Nikolai Ziskaridse als Konsequenz auf den Anschlag gefordert, die Führungsetage des Bolschoi-Theaters auszutauschen und ihm die Verantwortung des Opernhauses zu übertragen. Er wurde im Juni entlassen. Als Drahtzieher für den Säureangriff wurde der Solotänzer Pawel Dmitritschenko inhaftiert.
Die Anwältin von Sergej Filin teilte mit, der ehemalige Ballettchef habe die Nachricht vom Führungswechsel ruhig aber mit Verwunderung aufgenommen. Urin kommt aus dem Haus, an dem zuvor auch der fast erblindete Filin gearbeitet hatte.
Dem Skandal gebeutelten Bolschoi-Theater droht bereits neuer Ärger. Gegen das staatliche Opernhaus laufen Ermittlungen wegen Millionenbetrugs. Nach Erkenntnissen des russischen Innenministeriums wurden bei der Generalüberholung von Stromleitungen vor acht Jahren umgerechnet mehr als zwei Millionen Euro unterschlagen.
da/se (dpa, afp)