Neuer Zwist um Sicherheitsabkommen
22. November 2013Die Unterzeichnung des Vertrages werde er seinem Nachfolger überlassen, der im April gewählt werde, kündigte der afghanische Präsident Hamid Karsai zum Auftakt der Tagung der Großen Ratsversammlung "Loja Dschirga" in Kabul an. Diese Äußerung führte in Washington zu Irritationen.
Ein Sprecher von US-Präsident Barack Obama rief die Verantwortlichen in Afghanistan auf, das Abkommen so schnell wie möglich zu billigen und in Kraft zu setzen. Die USA hätten noch keine Entscheidung über die künftige Truppenpräsenz am Hindukusch getroffen, betonte er. James Dobbins, der US-Sondergesandte für Afghanistan und Pakistan, zeigte sich enttäuscht über die Verzögerungen, die alles nur "noch schwieriger" machten. Die USA würden versuchen, Karsai zum Einlenken zu bewegen, kündigte Dobbins an.
Das Abkommen regelt den US-Militäreinsatz für die Zeit nach dem Auslaufen der derzeitigen internationalen Kampfmission gegen die Taliban Ende 2014. Der Vertrag wird auch Vorbild für andere NATO-Staaten und ihr weiteres Engagement in Afghanistan sein. Besonders umstritten ist, dass die USA für ihre Soldaten auch künftig Immunität vor afghanischer Strafverfolgung fordern. US-Truppenangehörige sollen sich bei Vergehen nur vor Gerichten in den Vereinigten Staaten verantworten müssen. Ohne dieses sogenannte Truppenstatut - das bei Nato-Einsätzen üblich ist - wollen die USA das Abkommen platzen lassen.
Der Schwerpunkt des internationalen Einsatzes soll von 2015 auf der Ausbildung und Unterstützung der afghanischen Sicherheitskräfte liegen. Die USA wollen außerdem weiter militärisch gegen das Terrornetz Al-Kaida und dessen Verbündete in Afghanistan vorgehen. Es werde aber keine eigenmächtigen Anti-Terror-Operationen der USA geben, heißt es in dem 24-seitigen Entwurf für das Abkommen. Derzeit sind noch gut 86.000 ausländische Soldaten in Afghanistan stationiert, unter ihnen knapp 3500 Bundeswehrsoldaten. Von 2015 sollen es 10.000 bis 15.000 ausländische Soldaten sein.
Der scheidende Präsident Karsai warb vor der Loja Dschirga für das Abkommen mit den USA, machte aber gleichzeitig die tiefen Differenzen deutlich: "Das Vertrauen zwischen mir und den USA ist nicht gut. Ich traue ihnen nicht, und sie trauen mir nicht. In den letzten zehn Jahren habe ich mit ihnen gekämpft, und sie haben Propaganda gegen mich lanciert", sagte Karsai vor den rund 2500 Delegierten. Trotzdem werde das Abkommen für eine bessere Zukunft Afghanistans benötigt. Das Land könne nicht auf andere Verbündete zählen, sollten die USA vollständig abziehen.
Die Diskussionen der Loja Dschirga sollen bis Sonntag dauern. Die Versammlung hat beratende Funktion. Es wird aber erwartet, dass sich Karsai nicht über die Entscheidungen der Stammesältesten, Geistlichen, Politiker und anderen Würdenträger hinwegsetzt. Die Ratsversammlung kann den Entwurf oder auch nur einzelne Punkte annehmen oder verwerfen. Anschließend muss das afghanische Parlament den Vertrag ratifizieren, bevor ihn der Präsident unterzeichnet. Auch Obama muss die endgültige Fassung noch unterzeichnen.
wl/SC (dpa, afp, rtr)