Neues Buch: Amy Winehouse ganz privat
29. August 2023Ihre riesige Beehive-Frisur war ihr Markenzeichen, genauso wie ihr dicker Lidstrich. Mit ihrer Soulstimme sang sich Amy Winehouse mit Songs wie "Rehab" oder "Back to Black" in einer atemberaubenden Geschwindigkeit in den Pop-Olymp. Das Tempo und der Druck machten der jungen Frau schwer zu schaffen - sie wurde alkohol- und drogensüchtig und litt unter Bulimie. Ihre Sucht kostete sie schließlich das Leben. Am 23. Juli 2011 starb die Grammy-Preisträgerin mit nur 27 Jahren.
Ihre Eltern haben sich nun, 12 Jahre nach ihrem Tod, dazu entschlossen, ihre Tochter in einem weiteren Buch zu porträtieren. 2012 hatte ihr Vater Mitch bereits eine Biografie veröffentlicht, nun möchte die Familie Amy ganz alleine sprechen lassen: mit persönlichen Aufzeichnungen aus Tagebüchern, Briefen und Gedichten sowie bisher unveröffentlichten Fotos. "In Her Words" heißt das Buch, das nun erschienen ist.
Ein anderes Bild des Popstars
Das neue Buch soll nun ein anderes Bild von Amy Winehouse, der Pop-Ikone, zeigen. Im "People Magazine" sagt Mitch Winehouse, dass die Familie es sich immer gewünscht habe, dass die Welt die echte Amy kennenlerne. Er hoffe, dass die Menschen mit diesem Buch "einen echten Einblick in Amys Persönlichkeit erhalten", so der 72-jährige Vater des Popstars. "In jeder Hinsicht war sie nur ein normales jüdisches Kind aus Nord-London, das normale Kindersachen machte, zum Schauspielunterricht ging, seine Oma, seine Mutter, seinen Vater und seinen Bruder liebte."
Den "anderen" Menschen hinter dem Popstar entdeckt man in der Tat beim Blättern. Amy war ein Fan von To-Do-Listen. Schon als 12-Jährige hatte sie eine genaue Vorstellung davon, was sie im Jahr 1996 erreichen wollte: ihr Zimmer auf- und umräumen, ihren Schreibtisch zu einem schönen Hausaufgaben-Platz machen, neue Vorhänge und Bücherregale anbringen - und über allem steht: Aufhören, an den Fingernägeln zu kauen.
Eine weitere Liste zeigt, was sie alles machen will, wenn sie berühmt ist: Etwa, mit Schauspielerin Sarah Jessica Parker befreundet zu sein. Oder von Starfotograf David LaChappelle abgelichtet zu werden. Eine Zusammenarbeit mit Missy Elliott und Timbaland. Und dass Leute zu ihr aufschauen.
"Manchmal ging in ihrem Kopf eine Glühbirne an"
Hätte sie als Teenager geahnt, was ihr mit zunehmender Berühmtheit wirklich passieren sollte, wie ihr Ruhm sie zerstören würde, vielleicht hätte sie anders agiert. Das lässt das Buch durchaus vermuten. Denn Amy wird hier als selbstbewusstes, fröhliches und zielstrebiges Mädchen und junge Frau gezeigt, die eine eiserne Disziplin an den Tag legte, um ihre Ziele zu erreichen. Und das mit einer Leichtigkeit, die ihre Eltern offenbar immer wieder verblüffte.
So beschreiben Mitch und Janis Winehouse im Vorwort zum Buch ihre Beobachtungen, wenn Amy einen Song schrieb: "Für Amy schienen die Songs einfach vom Himmel zu fallen. Ab und zu ging in ihrem Kopf eine Glühbirne an. Sie zog sich für eine Weile an einen ruhigen Ort zurück und setzte ein paar Akkorde zusammen. Daraus entstand ein Song, dann ein ganzes Album. 'Wie machst du das? Schreibst du zuerst die Melodien oder die Texte?' fragte Mitch sie eines Tages. 'Ach, komm schon, Dad! Das kann doch jeder!', lachte sie. Nur konnte es nicht jeder. So war Amy - sie hatte keine Vorstellung davon, wie brillant sie war."
Erst nach Amys Tod, als die Familie begann, ihre Schriften und Zeichnungen aus ihrer frühen Kindheit zu sichten, begannen sie zu verstehen, dass Amy hinter dieser lässigen Haltung jahrelang sorgfältig an ihrem Talent gefeilt hatte.
Biopic kommt in die Kinos
Fotos aus der Kindheit und Jugend zeigen ein ähnliches Bild wie die vielen kleinen Schriftstücke, die in dem Buch abgebildet sind. Und geben das wieder, was sich die Familie wahrscheinlich zwölf Jahre nach ihrem Tod wünscht: ein ungetrübtes Bild einer jungen Frau mit einem Riesentalent. Für die anderen Bilder, die der von Alkohol von Drogen gezeichneten Frau, die betrunken auf der Bühne herumtorkelte, die mit zerlaufenem Make-Up und Grimassen durch die Clubs stolperte, die bei Auftritten unkontrolliert ins Mikrofon lallte - für diese Bilder haben andere gesorgt: sensationslüsterne Paparazzi, gnadenlose Reporter und enttäuschte Fans.
Gerade letztere sollte ein Buch wie dieses mit der Person Amy Winehouse versöhnen. "In Her Words" hat durchaus das Zeug dazu. Der Erlös des Buches geht, wie alle anderen Gelder, die aus dem Nachlass von Amy Winehouse generiert werden, in den Topf der Amy-Winehouse-Foundation, einer Stiftung, deren Ziel es ist, gefährdete und benachteiligte junge Menschen zu unterstützen, unter anderem durch Suchtprävention und -bekämpfung.
Am 14. September 2023 wäre Amy Winehouse 40 Jahre alt geworden. Lange schon scharrte Hollywood wegen eines Biopics über die Sängerin mit den Füßen - das bisher letzte Mal war es 2015. Nun aber ist tatsächlich ein Film in Arbeit, Regie führt die mehrfach preisgekrönte Filmemacherin Sam Taylor-Johnson, in der Hauptrolle ist "Barbie"-Star Marisa Abela zu sehen. Der Film "Back to Black" soll in dieselbe Richtung gehen wie das nun erschienene Buch: Es soll nicht in erster Linie um den tragischen Fall einer großen Künstlerin gehen, sondern um Amys Lebenswerk und um ihre Person, die eine außergewöhnliche Genialität, Kreativität und Ehrlichkeit an den Tag legte.